Die Menschen in der Elbmarsch hätten täglich einen der störanfälligsten Reaktoren vor den Augen, der ihnen Angst mache - auch wegen der ungeklärten Häufung von an Leukämie erkrankten Kindern in der Region.

Tespe. Das sagte der evangelische Regionalbischof Hans-Hermann Jantzen am Reformationstag bei einem Freiluftgottesdienst am Ehrenmal in Tespe gegenüber dem Atomkraftwerk Krümmel. Der Lüneburger Landessuperintendent pflanzte während der Andacht am Sonnabend einen Apfelbaum, der den evangelischen Christen als Hoffnungssymbol gilt.

"Der Baum ist ein Zeichen der Zuversicht, dass Gott die Welt erhält. Die Kernenergie ist hingegen zu einem Symbol des falschen Weges, der Bedrohung geworden", meinte Jantzen. Die Kernspaltung setze Kräfte frei, die der Mensch nicht beherrschen könne. "Und Menschen machen Fehler, doch die Atomtechnik verträgt keine. Fehler wären tödlich. Das wissen wir nicht erst seit Tschernobyl."

Jantzen betonte, er lasse sich mit seiner Ablehnung der Kernenergie nicht vor den Karren einer politischen Partei spannen: "Sie ist tiefste christliche Überzeugung."

Er forderte während seiner Predigt Mut zum Umdenken. "Der soziale Frieden ist gestört", meinte er. Dem Leben müsse gedient werden, nicht dem Geld und auch nicht der mächtigen Industrie. "Es ist ein armseliges Argument, an Gorleben als Standort für ein atomares Endlager festhalten zu wollen, nur weil in die Erkundung des Salzstockes schon so viel Geld geflossen ist", kritisierte der Regionalbischof gängige politische Forderungen. Die Entsorgung des strahlenden Mülls sei eine Herausforderung, der etwa das Lager in Asse nicht gewachsen sei: "Nichts hat der Mensch dort im Griff."

Launig merkte Jantzen am Ende der Andacht, nachdem der Baum gepflanzt war, an: "Möge unser Apfelbaum kräftiges Kernobst tragen." Die Landeskirche Hannover hatte aufgerufen, die Bäume an geeigneten Orten zu pflanzen, um an das biblische Gebot zur Bewahrung der Schöpfung zu erinnern. Die Landesbischöfin und inzwischen zur Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirchen in Deutschland gewählte Margot Käßmann hatte Apfelbäume an die Regionalbischöfe der sechs Sprengel in der Landeskirche überreicht. Jantzen hält Tespe für den symbolträchtigsten Ort in seinem Amtsgebiet.