Therapieangebot bietet Platz für die Entwöhnung von zwölf Alkohol- oder Drogenabhängigen.

Lüneburg. Mit ein, zwei Bier zum Feierabend fing es bei Peter Schuster* an. "Zum Abschalten vom Arbeitstag." Schleichend steigerte sich die Dosis, bis Peter Schuster ständig unter Strom stand.

Etwa 9,5 Millionen Menschen in Deutschland trinken laut einer aktuellen Studie des Bundesministeriums für Gesundheit so viel Alkohol, dass sie damit ihrer Gesundheit schaden. Peter Schuster ignorierte, dass der Alkohol längst sein Leben bestimmte. Erst als ihn sein Arbeitgeber ansprach, schrillten bei dem Mittvierziger die Alarmglocken. Seit dem Gespräch mit seinem Chef sind mehrere Monate vergangen. Peter Schuster hat sie genutzt. Dass er heute offen über seine Sucht reden kann, betrachtet er als Erfolg seiner Therapie. Als einer der ersten Betroffenen wird er in der ambulanten Tagesklinik in Lüneburg betreut, die heute offiziell eröffnet wird.

"In Lüneburg meldeten die Beratungsstellen Bedarf für ein ambulantes Therapieangebot, sowohl für drogen- als auch alkoholabhängigen Menschen", sagt Harald Bohnke, der als Suchttherapeut in der Einrichtung arbeitet. Zwölf Plätze stehen hier Männern und Frauen zur Verfügung, die bereits eine Entgiftung hinter sich haben und sich auf ein stabiles soziales Umfeld verlassen können.

Heike Becker* hat sich jahrelang mit Tabletten und Alkohol betäubt. Die Hoffnung auf ein drogenfreies Leben hatte sie beinahe aufgegeben. Seitdem sie die Therapie besucht, ist ihre Lebensfreude zurückgekehrt.

Um mit alten Gewohnheiten leichter zu brechen, hilft ein gut strukturierter Tagesplan, weiß Psychologin Kirsten Zornig, die die Menschen bei der Suchtentwöhnung begleitet. Neben Gesprächsrunden setzt das Team der Tagesklinik auch auf körperliche Aktivität. Viel Sport, kreatives Arbeiten und Ernährungsberatung werden angeboten.

Trotz acht Stunden Betreuung am Tag bleiben schwierige Situationen nicht aus. Klaus Müller*, der vom Alkohol loskommen möchte, erzählt von Rückfallgedanken. "Am Wochenende ist es manchmal schwierig, dann ist der Schutz der Gruppe nicht da. Ich bin stark geblieben. Später habe ich den anderen von meinen Ängsten erzählt. Die kannten das." Die Gespräche in der Gruppe geben nicht nur Klaus Müller Halt.

"Wir müssen hier gemeinsam einen neuen Lebensentwurf erarbeiten", erklärt Harald Bohnke, der auch hilft, berufliche Perspektiven nach der Entwöhnung zu finden. Ganz praktisch beweisen müssen sich die Männer und Frauen im Alltag. Bei einer Therapie in der Tagesklinik muss sich im Unterschied zum stationären Entzug niemand für Monate aus seinem privaten Umfeld verabschieden. Jeder Abend und der Sonntag bleibt der Familie oder Freunden vorbehalten. Dass auf diese Weise die Angehörigen in die Therapie einbezogen sind, findet Klaus Müller positiv. "Meine Freundin gewinnt langsam das Vertrauen in mich zurück. Als der Alkohol mein Leben bestimmt hat, haben wir keine Beziehung mehr auf Augenhöhe geführt. Jetzt habe ich auch wieder etwas zu erzählen."

Für Peter Schuster ist die Zeit in der Tagesklinik bald beendet. Er freut sich wieder auf die Arbeit. Angst vor dem Alltag hat er nicht, er fühlt sich gewappnet. Für Notfälle hat er die Telefonnummer der Tagesklinik parat. "Oder ich setz mich auf die Maschine und fahr", sagt der sportliche Mann lächelnd. Während seiner Therapie hat er sich einen Traum erfüllt und den Motorradführerschein gemacht.

(* Namen geändert)