“Sollbruchstellen“ waren in der Stadt die Neubesetzung der Stelle der Kämmerin und die Sparkassenfusion sowie im Landkreis die Finanzpolitik.

Lüneburg. Ein politisches Erdbeben hat der CDU-Kreisvorstand ausgelöst. Er sieht keine weitere Basis für eine Zusammenarbeit der Gruppenpartner CDU und SPD in Stadt und Landkreis Lüneburg und macht damit die Großen Koalitionen im Stadtrat und Kreistag zu Auslaufmodellen. Dr. Stefan Porwol, stellvertretender CDU-Kreisvorsitzender, berichtet, dass der Vorstand die Empfehlung zum Bruch mit dem Koalitionspartner SPD mit breiter Mehrheit ausgesprochen habe. ,,Es ist eine deutliche Ansage des Kreisvorstandes, nur umsetzen müssen es die beiden Fraktionen", betont er.

Parteiintern habe sich die Situation bereits in den vergangenen Wochen und Monaten zugespitzt, sagt Porwol. ,,Sollbruchstellen waren in der Stadt die Neubesetzung der Stelle der Kämmerin und die Sparkassenfusion sowie im Landkreis die Finanzpolitik, bei der die SPD weiter kreditfinanziert Großprojekte auf den Weg bringen will, obwohl die Haushaltslage desolat ist." Porwol räumt ein, dass die Schmerzgrenze für den Kreisvorstand vor allem in der Stadt überschritten worden sei. ,,Oberbürgermeister Ulrich Mädge war die Reizfigur bei der Sparkassenfusion. Das Fass zum Überlaufen hat jetzt seine massive Kritik an der Steuersenkungspolitik der neuen Bundesregierung gebracht", erklärt er. Hingegen sei die Zusammenarbeit mit Landrat Manfred Nahrstedt durchaus konstruktiv und vertrauensvoll gewesen. ,,Aber zwischen den Fraktionen im Kreistag sind Dissonanzen aufgetreten. Und die CDU kann bestimmte Dinge vor dem Hintergrund der desolaten Finanzen nicht mehr mittragen." Millionenschwere Vorhaben wie die Reiterregion Luhmühlen, das Audimax der Universität oder die Museumslandschaft müssten auf den Prüfstand, fordert Porwol. ,,Aus dem Wunschkonzert muss ein Streichkonzert werden", verlangte er.

"An Infrastrukturmaßnahmen wird man nicht sparen können. Projekte wie der Bahnhofsumbau und die Schulsanierungen sind für mich tabu", sagt Peter Luths, CDU-Ratsherr in der Stadt und Mitglied im Kreisvorstand seiner Partei. "Aber alles andere muss auf den Prüfstand. Die fatale Haushaltslage kann man nicht wegdebattieren." Er steht zum Beschluss des Kreisvorstandes für den Ausstieg aus der Gruppe: "Das Verhalten der SPD in Sachen Tiergartenkamp hat einige vor den Kopf gestoßen. Seit der Bundestagswahl kippt die Stimmung in der Partei spürbar."

Während Dr. Stefan Porwol vom Bruch beider Koalitionen ausgeht, hat Alexander Blume, CDU-Fraktionsvorsitzender, noch ein wenig Hoffnung für den Fortbestand der Kreistagsgruppe aus CDU-Unabhängigen und SPD. ,,Auch wenn mein Gefühl mir sagt, dass es schwierig wird mit der SPD in der Finanzpolitik auf einen Nenner zu kommen."

Blume macht aber auch deutlich, dass die Koalition scheitern könne. ,,Dann aber nicht aufgrund einer Empfehlung des Kreisvorstandes, sondern wegen der Uneinigkeit bei Sachthemen. Wir werden die Empfehlung nicht ignorieren, aber sie ist auch nicht mehr als ein kleiner Mosaikstein bei der Abwägung der Fraktion." Eines macht der Fraktionschef klar. ,,Wenn wir mit der SPD einen Haushalt hinbekommen, in dem die Verschuldung des Landkreises nicht weiter in die Höhe getrieben wird, in dem nicht weiter Dinge, die zwar wünschenswert sind wie der Nostalgiebahnhof in Embsen, auf Pump angeleiert werden, dann ist die Gruppe lebensfähig."

Daran zweifelt nach der Empfehlung des CDU-Kreisvorstandes jedoch der Partner SPD. Für Fraktionschef Franz-Josef Kamp ist die Basis für eine Zusammenarbeit zerstört. ,,Das ist wie eine Kündigung. Im Kreisvorstand sitzen doch die gleichen Leute wie in der Fraktion, die die Ansage gemacht haben", meint Kamp. Überdies werde seine Fraktion an den geplanten Investitionen festhalten und nicht den Rotstift herausholen. ,,Wir wollen in Zeiten der Krise ein Konjunkturprogramm für die Region und wie Bund und Land gerade jetzt bei niedrigen Zinsen investieren." Die Forderung der CDU, die SPD solle auf ihren finanzpolitischen Kurs einschwenken, damit die Gruppe am Leben bleibt, hält Kamp für eine Erpressung. ,,Es gibt wohl keine Rettung mehr. Aber lieber ein Ende mit Schrecken, als Schrecken ohne Ende", sagt er.