Achtklässler aus der Elbmarsch lernen den Umgang mit Werkzeugen und erhalten Einblick in Handwerksberufe.

Marschacht. Für die Landkreise Lüneburg und Harburg ist es eine Premiere. Die Marschachter Hauptschule und die Berufsbildenden Schulen Winsen haben mit Beginn des neuen Schuljahres ein Berufsorientierungsprojekt gestartet. Die Zusammenarbeit eröffnet den Jugendlichen neue Chancen, ihre Fahrigkeiten zu entdecken und gezielter ihren beruflichen Weg zu gehen.

Luisa Rick ist 13 Jahre alt und besucht die achte Hauptschulklasse der Ernst-Reistorf-Schule in Marschacht. Nach dem erfolgreichen Abschluss der neunten Klasse könnte sie sich vorstellen, Erzieherin zu werden. Klassenkameradin Anna Maria Hegewald träumt vom Beruf der Innenarchitektin. Maurice Breitenhagen will in es dem Vater gleichtun und das Handwerk des Maschinenbauers erlernen.

Doch häufig sind die Berufswünsche der Hauptschulabgänger weniger konkret. "Zu viele wählen trotz Praktikum und Informationsveranstaltung im Anschluss an die neunten Klassen eine Schule oder einen Ausbildungsplatz in einem Berufsfeld, das nicht ihren Vorlieben und Neigungen entspricht", weiß Hauptschullehrerin Martina Brandt. Mit dem Berufsorientierungsprojekt sollen neue Wege beschritten werden.

Dieses in den Landkreisen Lüneburg und Harburg erstmals gestartete Projekt findet sein Vorbild in der Hauptschule Neustadt. Die niedersächsische Schule wurde im Mai dieses Jahres als beste Hauptschule Deutschlands ausgezeichnet für ihr innovatives Konzept einer Verzahnung mit der berufsbildenden Schule. Wie erfolgreich dieses Konzept ist, zeigt die Abschlussquote. In Neustadt hat jeder Schüler 2008 einen Schulabschluss erreicht, zwei Drittel fanden sofort einen Ausbildungsplatz. Kultusministerin Elisabeth Heister-Neumann ist von dem Ansatz überzeugt: "Bereits im Februar haben wir beschlossen, dass wir diese hervorragenden Erfahrung für ganz Niedersachsen nutzen wollen. Wir werden deshalb für die anstehende Schulgesetz-Änderung dieses Modell an die regionalen Gegebenheiten angepasst als Niedersachsen-Modell allen interessierten Kommunen ermöglichen."

Marschacht und Winsen griffen zu. Damit zukünftig weder die Wahl eines Praktikums noch die Entscheidung für eine Ausbildung weniger zufällig gefällt wird, nehmen insgesamt 25 Marschachter an dem Projekt teil. "Häufig ist zu beobachten, dass die jungen Schüler sich für eine Schulform anmelden, weil sie mit dem Freund oder der Freundin zusammenbleiben möchten", erklärt Andrea Dietrich, Schulleitern der BBS Winsen. "Oder die Schüler haben falsche Vorstellungen von ihrem Traumberuf."

Die Auswirkungen des Projekts sind für Luisa, Anna Maria und Maurice sofort erfahrbar. Sie verbringen während ihres achten Schuljahrs jede Woche einen Tag in der Winsener Berufschule. In kleinen Gruppen zu je sechs Schülern werden sie in Berufe aus dem gewerblich technischen Bereich eingeführt. Bereits am ersten Tag sammeln die jungen Schüler unter Anleitung von Horst Totterer erste Erfahrungen in der Elektrotechnik. "Wir wollen Lötgitter bauen", verkündet der Lehrer für Fachpraxis E-Technik. Bevor es losgeht, gibt er eine Einführung ins Fach und führt dessen berufliche Perspektiven vor. "Ich möchte, dass aus euch etwas wird - ein guter Hauptschüler hat alle Chancen."

Der Funke springt über. Es scheint, als seien die jugendlichen Gäste heiß darauf, den glühenden Lötkolben einsetzten zu dürfen. Bewundernd verfolgt Klassenlehrerin Martina Brandt den Verlauf der Lötversuche. Sie staunt über ihre Schüler, die sonst nicht immer motiviert dem Unterricht folgen. Manch einer zeigt sich an der Werkbank von einer bis dahin unbekannten Seite. Und erntet viel Lob.