Das künstlerische Schaffen von Menschen mit geistigen und körperlichen Behinderungen weist eine lange Tradition auf. Jetzt ist in Adendorf eine Ausstellung eröffnet worden mit Arbeiten von behinderten Menschen aus der Gemeinde und der polnischen Partnerstadt Wongrowitz.

Adendorf. "Adendorf ist die vorbildlichste Gemeinde im Landkreis, die behindertengerecht und behindertenfreundlich ist." Das sagt eine Frau, die es wissen muss. Marianne Krause ist seit 15 Jahren Beauftragte für Behinderte in Adendorf. Sie versorgt und pflegt gemeinsam mit ihrem Ehemann zwei behinderte Töchter. Das Schicksal hat die Familie hart getroffen. Die Drillinge Rosi, Angela und Elke kamen vor 44 Jahren behindert zur Welt. Sauerstoffmangel während der Geburt ist der Grund für ihre spastischen Lähmungen, epileptischen Anfällen, Einschränkungen des Körpers und Geistes. Die Mädchen selbst kommentieren ihr persönliches Schicksal mit der Bemerkung "Ärztepfusch". Elke ist verheiratet. Rosi arbeitet tagsüber in der benachbart gelegenen Lebenshilfe. Und Pflegefall Angela wird zu Hause von den Eltern intensiv betreut.

Das aber hält die Familie nicht davon ab, mit Lust und Freunde dem Alltag zu begegnen. "Angelas Rollstuhl kennt den Schnee im Hochgebirge und die Sahara." Fotos im Haus erinnern an die abenteuerlichen Reisen der ungewöhnlichen Familie. Ein sportlicher Höhepunkt im Alltag von Angela und Rosi sind die wöchentlichen Trainingseinheiten in der Rollstuhltanzgruppe, "die aber dringend Nachwuchs braucht", so Marianne Krause. In der Gruppe "Du und Ich" treffen Menschen mit allen Arten von Behinderungen zusammen. Die Gruppe existiert seit elf Jahren, ebenso der lebhafte Kontakt zur polnischen Partnergruppe in Wongrowitz. Man besucht sich gegenseitig und zur Ausstellungseröffnung reisten neun Polen nach Adendorf.

Familiär geht es zwischen Deutschen und Polen zu. Doch der finanzielle Aufwand für die Ausstellung übersteigt das Budget der Familie Krause. Arbeitsmaterial, Unterbringung, Verpflegung - öffentliche Gelder für kleine Selbsthilfegruppen wie die in Adendorf sind nicht zu erwarten.

Als Gemeindebeauftragte für Behinderte und CDU-Ratsfrau nimmt Marianne Krause Einfluss und setzt sich für die behinderten Menschen in der Gemeinde ein: "Ich fordere nichts und bekomme viel Hilfe vom Bürgermeister und seinen Mitarbeiter im Rathaus."

Tatsächlich sind die behinderten Mitbürger in Adendorf Teil der Gesellschaft: Sie sind im Kindergarten vertreten, lernen in Kooperationsklassen der Grund- und weiterführenden Schulen. Zahlreiche Geschäfte sind über Rampen zu erreichen, Rollstuhlfahrer finden Platz in Behinderten-Toiletten und entsprechend gestaltete Arbeitsplätze am Computer der Bücherei. Selbst auf dem integrierten Spielplatz gelingt es Kindern im Rollstuhl zu Schaukeln und zu Rutschen. Liegen Straßenarbeiten an, wird auch Marianne Krause zu Rate gezogen. So wird für Menschen mit Behinderungen das Leben in der Gemeinde möglichst barrierefrei gestaltet.

Für ihren außerordentlichen Einsatz für Menschen mit Behinderungen wurde Marianne Krause 2002 das Bundesverdienstkreuz verliehen.