Vor Gericht streiten der geschasste Chef der Industrie-und Handelskammer Lüneburg-Wolfsburg und sein ehemaliger Arbeitgeber um die Rente.

Lüneburg. Vielsagende Einblicke in die Arbeitsweise des Personalrats der Industrie- und Handelskammer (IHK) Lüneburg-Wolfsburg haben gestern die Zuhörer in Saal 110 des Landgerichts Lüneburg gewonnen. Vor das Gericht traten Wolfram Klein, der geschasste Hauptgeschäftsführer der IHK, und sein ehemaliger Arbeitgeber. Der Streitpunkt: Eine von Klein abgeschlossene Dienstvereinbarung mit abgespeckter Ruhegeldsatzung.

Ob die im Frühjahr 2008 rechtmäßig zu Stande gekommen war, wollte das Gericht unter Zuhilfenahme von zehn Zeugen klären. Deren Erinnerungsvermögen an die Vorgänge zwischen Februar und April vergangenen Jahres differierte stark - ebenso wie die Erinnerungen selbst.

Hintergrund: Die Satzung von 1976 musste geändert werden, weil das von der IHK zugesagte Ruhegeld von insgesamt 75 Prozent des letzten Bruttogehalts für die Kammer auf Dauer nicht bezahlbar gewesen wäre. Am 19. Februar 2008 hat Klein mit der Konzept AG aus Stuttgart und Rechtsanwalt Jürgen Glock dem Personalrat (PR) daher eine mögliche Neuregelung vorgestellt.

Erster Zeuge war Albert Sost (56), damals PR-Vorsitzender. Klein habe gesagt, er müsse den Personalrat nicht beteiligen, wolle ihn aber ins Boot holen. Den Wortlaut erinnere er nicht, so sei es aber bei ihm angekommen. Laut Klein hat IHK-Präsident Eberhard Manzke gesagt, das könne auch nach "Gutsherrenart" entschieden werden. Sost: "Wir waren froh, beteiligt zu werden."

Nach dem 19. Februar sei weiter verhandelt worden, es seien Änderungen vorgenommen worden, und am 7. März 2008 unterschrieb Sost zwei Seiten Papier: die neue Dienstvereinbarung. Obwohl die Ruhegeldsatzung als Anhang fehlte. Er habe das Papier vor Unterschrift nicht noch einmal durchgelesen und, als er wenige Tage später die von Klein unterzeichnete Version bekam, sie mehrere Wochen nicht beachtet.

Anfang April schließlich habe er nachträgliche Änderungen bemerkt und Klein angeschrieben. Nach der Antwort der Konzept AG darauf habe er die Sache auf sich beruhen lassen. Auf die Aussage von Kleins Anwalt, Sost hätte durch die neue Dienstvereinbarung 500.000 Euro verloren, sagte Sost, so viel sei das auf keinen Fall. Die echte Summe nannte er nicht.

Auch Sosts Personalratskollege Eckhard Welzel (58) erinnerte sich an die Worte Kleins vom "ins Boot holen" und der "Gutsherrenart". Eckhard Hübner (53) aus dem Personalrat dagegen wollte gehört haben, wie Klein gesagt hat, der Personalrat sei nicht mitbestimmungspflichtig. Sost und Welzel konnten sich an so eine Aussage nicht erinnern.

Unterschiede auch bei der Erinnerung an den Moment der Unterschrift: Sost und Hübner sagten, Sost habe sie im Beisein der PR-Kollegen geleistet. Welzel dagegen hatte niemand anderen gesehen. Und: Hübner erinnerte sich, Ende März mit Sost über Änderungen in den Papieren gesprochen zu haben. Wann genau Hübner jedoch Informationen und Berechnungen zur neuen Regelung bekommen hatte - ob vor oder am 19. Februar, wichtig für Kleins Position, das wusste er nicht mehr zu sagen.

Jürgen Glock (57) aus Stuttgart wusste derweil noch sehr genau: Den Begriff "Gutsherrenart" hatte er nie gehört. Auch Manuela Haimerl (30), Vorstand der Konzept AG, schüttelte bei dem Wort den Kopf: "Es war eher das Gegenteil. Die Zielsetzung von Herrn Klein war, gemeinsam mit dem Personalrat eine Lösung zu finden." Auf die Nachfrage des Gerichts, ob Klein gesagt hatte, er könne das alleine regeln, sagte die Geschäftsführerin: "Definitiv nicht."