Gerichte und Jugendämter verhängen nach der Trennung von Mutter und Vater sehr häufig Umgangsverbote.

Lüneburg. Ihre Wut und ihren Schmerz taten die Teilnehmer laut kund: ,,Es ist ein Unding, dass wir auf die Straße gehen müssen, um den Kontakt zu unseren Kindern und Enkeln zu behalten."

Rund 80 Väter, Mütter, Großeltern, Kinder und Jugendliche demonstrierten am Sonnabend vor dem Jugendamt des Landkreises Lüneburg und in der Innenstadt gegen die schmerzhaften von Gerichten und Jugendämtern amtlich verhängten Trennungen von ihren Kindern und Enkeln. Zum Protest aufgerufen hatte die Lüneburger Initiative "Entsorgte Eltern und Großeltern".

Einer der Veranstalter war Peter Witkowski. Er sagte: "Wir fordern, dass die Gerichte und Jugendämter umdenken und sich ihrer Verantwortung bewusst werden. Denn einem das eigene Kind wegzunehmen, weil sich Eltern im Streit getrennt haben, ist wie eine offene Wunde, die nie heilt."

Er plädierte für die psychologische Ausbildung von Richtern und Mitarbeitern in den Jugendämtern. Die sogenannte Cochemer Praxis solle angewandt werden, so Witkowski. Die Cochemer Praxis setzt auf Beratung, Mediation und lösungsorientiert arbeitende Sachverständige. Mit Erfolg, denn 98 Prozent der streitenden Eltern haben mit diesem Verfahren eine gütliche Lösung gefunden. ,,Wir wollen ein gemeinsames Sorgerecht für Vater und Mutter - egal, ob sie verheiratet sind oder nicht", betonte Witkowski. Denn das Strickmuster im Konfliktfall sei immer das gleiche. ,,Wenn Mütter und Väter sich streiten, ziehen sie das Kind mit hinein und versuchen, es zu manipulieren."

Das bestätigte ein 15 Jahre alter Demonstrationsteilnehmer als selbst Betroffener, als Kind, das zwischen Vater und Mutter steht. ,,Streit und Scheidungen lassen sich wohl nicht vermeiden. Aber dass der Konflikt auf die Kinder übertragen wird, sehr wohl", meinte der Jugendliche. Aus eigener und jahrelanger Erfahrung - die Eltern ließen sich scheiden, als er zwei Jahre alt war - sagte er: ,,Es ist ein Kampf um die Sympathie des Kindes. Die Mutter will mit Tränen Mitleid erzeugen, der Vater macht Geschenke." Und die Großeltern führten den Krieg in der Familie weiter, sodass die gesamte Verwandtschaft in die Brüche gehe, erzählte er.

Aus dem Streit seiner Eltern sei inzwischen abgrundtiefer Hass geworden, obwohl die Trennung zwölf Jahre zurückliege. ,,Ich stehe dazwischen, will das aber gar nicht. Es ist mir unangenehm. Das Gezerre bekomme ich seit Jahren mit, ignoriere es aber mittlerweile. Zuerst wollte ich bei demjenigen bleiben, der Recht hat. Aber keiner von beiden hat es."

So lebte er neun Jahre bei der Mutter und seit drei Jahren beim Vater - und wünscht sich sehnlich, endlich aus der Zwickmühle herauszukommen.