Für das grüne Gemüse erzielen die Bauern momentan einen guten Preis - oft ist das allerdings nicht der Fall.

Holdenstedt. Bäuchlings, in Reih und Glied, liegen die 17 Erntehelfer auf dem 18 Meter breiten "Gurkenflieger". So heißt das Gespann, das für die Ernte des grünen Gemüses eingesetzt wird. Bis auf Brusthöhe liegen die Körper auf dem Wagen. Emsige Hände suchen die großblättrigen Pflanzen nach den Gurken ab, pflücken, was das Zeug hält. Zack, zack wird das Gemüse auf das Laufband geworfen. Stöhnend befördert die Maschine die Ernte hinauf in den Anhänger - mittlerweile türmt sich in diesem schon ein ansehnlicher Gurkenberg.

"Zwischen fünf und zehn Tonnen Gurken ernten wir pro Tag", erklärt Landwirt Dieter Schwutke. Neun Hektar Gurken hat er in diesem Jahr angebaut. "Bis das Feld einmal abgeerntet ist, dauert es fünf Tage", weiß der Bauer aus Holdenstedt bei Uelzen. Und bei 30 Grad und prallem Sonnenschein ist die Ernte des grünen Gemüses eine schweißtreibende Arbeit - das ist den Helfern anzusehen. Deshalb erklärt Dieter Schwutke: "Nach einer Bahn machen wir Pause." Dafür benötigt der Gurkenflieger indes beinahe drei Stunden.

Es sind beachtliche Dimensionen mit denen Bauern wie Schwutke da kalkulieren. Vor allem aber stehen sie in einem krassen Gegensatz zu den Preisen. Schwutke: "Der Stückpreis liegt bei 20 Cent im Fabrikverkauf." Im Direktvertrieb - der Betrieb hat einen kleinen Laden im Ort - erziele er je nach Größe 40 Cent. Daher versuche er, so viel wie möglich selbst zu vermarkten. Der 55-Jährige sagt: "Nur die Vertriebskombination aus Großmarkt, Fabrik und Ladenverkauf hält den Betrieb aufrecht."

Er könne sich zwar nicht beklagen, sein Unternehmen laufe gut, trotzdem: "Die Goldgräberstimmung in der Landwirtschaft ist längst vorbei", sagt Schwutke. Die Discounterpreise gingen zu Lasten der Erzeuger. Doch die Landwirte sind auf Aldi, Lidl und Co angewiesen, denn "fünf Abnehmer machen 80 Prozent des Umsatzes aus". Da bleibt für Preisverhandlungen wenig Spielraum. Bei Gurken sehe es noch gut aus, etwa fünf Cent liege der Stückpreis über dem Deckungsbeitrag. Doch der Gemüsebauer erklärt: "Bei Kartoffeln und Zwiebeln produzieren wir teilweise darunter."

Ein Beispiel: Etwa acht Euro bekommen die Landwirte für 100 Kilo Kartoffeln. Das sind zwei Euro weniger, als sie benötigen, damit ihre Investitionen gedeckt sind. Viele Landwirte geraten dadurch in Engpässe. Da hilft auch das Liquiditätshilfeprogramm von Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) nichts. Schwutke dazu: "Das ist in meinen Augen fehlgeschlagen. Die Landwirte, die wirklich in Schwierigkeiten sind, bekommen ohnehin kein Darlehen, weil sie die Bonitäten nicht nachweisen können." Und damit helfe die Maßnahme nur denen, die sie gar nicht brauchen. Schwutkes Urteil: "Es wird in der Politik eben viel getan, was mit der Basis nichts zu tun hat."

Vielleicht sollte sich so manch ein Politiker auch mal als Helfer bei der Ernte betätigen, um zu sehen, wie schwer das Geld verdient wird. Bei der Gurkenernte wäre dazu noch bis Mitte September Gelegenheit. Bis dahin zieht der Gurkenflieger täglich seine Bahnen über das Feld.