Jubiläum: Vor 90 Jahren gründete sich die Volkshochschule in Lüneburg im alten Johanneum. Heute ist die Institution nicht wegzudenken.

Lüneburg. Die Volkshochschule (VHS) in der Region feiert ihr 90-jähriges Jubiläum. Es dürfte heute nur wenige Lüneburger geben, denen das Haus der VHS in der Haagestraße 4 nicht bekannt ist. Angefangen hat die Geschichte der Institution vor 90 Jahren aber eigentlich im Gebäude gegenüber.

Am 24. September 1919 fanden sich Gewerkschaftler, Lehrer und Vertreter der Stadt Lüneburg sowie der Handwerkskammer im Alten Johanneum (heute Hauptschule Stadtmitte) zusammen, um eine Idee lebendig zu machen, die aus der Zeit der Aufklärung stammt: "Alle Menschen sollten das gleiche Recht und den gleichen Zugang zu Bildung haben, das war das Ziel der Gründer", sagt Gerhard Cassens, Leiter der VHS Region Lüneburg. Daher auch der Name: Volkshochschule.

In den Gründungsjahren der VHS engagierten sich die Beteiligten ehrenamtlich - wenn es Honorare gab, so waren sie bescheiden. Viel Effekt mit wenigen Mitteln zu erzielen, war das Ziel: "Die gesamte Organisation des Betriebes leitete im Nebenamt der Stadtarchivar. Zu den Kursen angemeldet haben sich die Teilnehmer bei der Buchhandlung Perl", sagt Cassens.

Schon im Jahr 1848 hatte es in Lüneburg einen ersten Anlauf gegeben, um einen Arbeiterbildungsverein zu etablieren - damals war es der Treubund Lüneburg (MTV), der sich um die Weiterbildung Erwachsener kümmerte. Körperertüchtigung und Fortbildung liefen im Verein nebeneinander: "Erst 1972 wurden die beiden Sparten des MTV Treubund offiziell zusammengeführt", sagt Cassens.

Nach einem erfolgreichen Start zu Beginn des 20. Jahrhunderts geriet die Volkshochschule allerdings vorübergehend in Schwierigkeiten: "Für die Jahre 1926 und 1927 gibt es keine Programme im VHS-Archiv. Ich kann nur vermuten, dass die wirtschaftliche Rezession der Grund für die Pause war", sagt Cassens.

Unter dem Druck des Nationalsozialismus entfernte sich die Institution vorübergehend von ihren Zielen: Im Jahr 1939 wurde das "Deutsche Volksbildungswerk" in Lüneburg gegründet.

"Die Institution war klar von den Nationalsozialisten dominiert. Das Programm der Zeit verkörpert nicht das Ideal, das die Gründer der VHS vor Augen gehabt haben", sagt Gerhard Cassens.

Mit Starthilfe der Alliierten gelang ein wirklicher Neubeginn. 1946 schlug die zweite Geburtsstunde der VHS: "Die Engländer haben den Wiederaufbau unterstützt. Ihnen ging es darum, die Menschen nach dem Krieg zur Demokratie zu bekehren und sie umzuerziehen."

Im Jahr 2008 gab es die nächste entscheidende Weichenstellung: Die VHS in der Stadt und im Landkreis fusionierten, sie wurden zur gemeinnützigen GmbH.

Heute und für die kommenden 90 Jahre sieht Gerhard Cassens den Schwerpunkt der Arbeit darin, vor allem bildungsfernen Bevölkerungsschichten Angebote zu machen: "Es gibt immer noch viele Menschen, die keinen einfachen Zugang zu Bildung haben." Migranten und sozial Schwache zu integrieren, ist ein Ziel: "Ich denke zum Beispiel an die Millionen von Menschen, die dringend Deutschkurse brauchen, sie aber nicht bezahlen können."

Die Fortbildung, vor allem auch junger Erwachsener, ist Cassens wichtig. Dass der Markt der beruflichen Weiterbildung inzwischen umkämpft ist, ist ihm klar: "Wir können nicht alles anbieten, was im Bereich Erwachsenenbildung möglich ist. Das ist auch nicht unser Anspruch."

Das Festprogramm der VHS zur Feier des Jubiläums findet sich im Internet.

www.vhs.lueneburg.de