Koma- und Flatratesaufen sind die Begriffe, die dem schockierenden Trend einen Namen geben. Immer mehr Jugendliche trinken Hochprozentiges bis zur Besinnungslosigkeit - und das im wahrsten Sinne des Wortes.

Lüneburg. Viele konsumieren alkoholische Getränke so hemmungslos, dass sie sich oft genug in akute Lebensgefahr bringen und von Ärzten gerettet werden müssen. Ein Grund für das Komasaufen ist, dass junge Menschen unter 18 Jahren viel zu leicht an Alkohol herankommen - und das, obwohl der Gesetzgeber den Verkauf an Minderjährige verbietet. Im Landkreis Lüneburg wird nun mit groß angelegten Alkoholtestkäufen überprüft, ob das Verbot eingehalten wird.

Elf Jugendliche im Alter von 14 bis 17 Jahren und junge Polizeimitarbeiter sind ab Montag, 17. August, eine Woche lang in den Orten des Landkreises unterwegs und versuchen, in Supermärkten, in Kneipen, an Kiosken, an Imbissbuden, an Tankstellen und im Getränkehandel Alkoholika zu kaufen. Dahinter steht ein Projekt der Gemeinden, der Polizeiinspektion Lüneburg, der Drogenberatungsstelle (drobs) Lüneburg sowie den Jugendämtern von Stadt und Kreis. "Wir wollen niemanden in die Pfanne hauen und mit einem Bußgeld bestrafen, sondern den Alkoholmissbrauch von Jugendlichen in den Fokus der Öffentlichkeit bringen und Verkäufer für das Thema sensibilisieren", sagt Landrat Manfred Nahrstedt. Deshalb erhielten im Vorfeld der Testkäufe ab heute alle Gewerbetreibenden, die Alkohol verkaufen, Briefe, in denen sie über das Projekt, den Zeitpunkt der Kontrollen und ihre gesetzlichen Pflichten informiert werden. "Aber auch Ehrenamtliche, die bei Volksfesten Alkohol ausschenken, wollen wir erreichen."

Hans-Jürgen Felgentreu, Leiter der Polizeiinspektion Lüneburg, berichtet, dass das Komasaufen Jugendlicher längst auch ein Phänomen im Landkreis Lüneburg sei. Ein Negativbeispiel sei der diesjährige Himmelfahrtstag am Inselsee in Scharnebeck mit einem Toten und 2500 Betrunkenen gewesen, so Felgentreu. "Die Gefahr für die Gesundheit und der Werteverfall erfordert weiteres Eingreifen, um den Zugang zum Alkohol zu erschweren", sagt er. Zielgruppe seien vor allem die Zwölf- bis 17-Jährigen und deren Eltern. "Mit den Testkäufen zeigen wir Flagge und das hat Wirkung", ist Felgentreu überzeugt. Aber, so betont er, mit den Testkäufen solle der Handel nicht kriminalisiert werden.

Erfahrungen aus anderen Ländern zeigten, so Gabriel Siller von der drobs, dass der erschwerte Zugang zu Suchtmitteln nur ein Baustein sei, "parallel dazu müsse aber auch das Erziehungsverhalten der Eltern gestärkt werden". Deshalb gehe es bei den Testkäufen nicht um Repression, sondern um präventiven Ansatz, sagt Siller.