Kleine Ortswehren sind zunehmend auf junge Freiwillige angewiesen. Doch diese haben nur selten die passende Fahrerlaubnis.

Lüneburg. Von wegen schnell wie die Feuerwehr: In ihrem sprichwörtlichen Eiltempo sind die Brandbekämpfer der Ortswehr Handorf vor einigen Monaten erheblich ausgebremst worden. "Auf der A250 war ein Mann verunglückt", erinnert sich Ortsbrandmeister Andreas Borst.

Doch statt zum Einsatzort zu sausen, mussten die Lebensretter zunächst auf einen Fahrer warten. "Dadurch haben wir mehr als zehn Minuten verloren", sagt Borst. Schließlich hielt er einen Lkw-Fahrer an und verpflichteten ihn kurzerhand, die Feuerwehr zum Unfallort zu fahren.

Borst: "Es passierte um etwa neun Uhr morgens, also zu einer ganz blöden Uhrzeit für uns." Während der üblichen Arbeitszeiten sind nur wenige Freiwillige verfügbar. Von den 50 aktiven Feuerwehrleuten in Handorf erschienen zwar sieben. Doch von ihnen hatte niemand eine Fahrlizenz für das so genannte Hilfeleistungslöschgruppenfahrzeug.

Der Transporter ist für Einsätze auf der nahe gelegenen Autobahn mit schwerem Gerät zum Schneiden und Spreizen von Blech ausgerüstet. Mit der Spezial-Ausrüstung an Bord wiegt das Fahrzeug deutlich mehr als 3,5 Tonnen.

Bei diesem Gesamtgewicht ist für Fahrer mit einem Führerschein der Klasse B Schluss. Vor zehn Jahren hat diese Kategorie auf der Rückseite der nach EU-Norm gestalteten Plastikkarte die alte Führerscheinklasse 3 abgelöst. Wer sich vor 1999 die alte Erlaubnis in seinen rosafarbenen "Lappen" eintragen ließ, darf Lastwagen bis zu einem Gewicht von 7,5 Tonnen fahren.

Für den Unfallfahrer auf der A 250 entstand durch dieses rechtliche Hindernis aber kein Schaden. Denn die Kameraden aus Bardowick waren ebenfalls ausgerückt.

"Tagsüber alarmieren wir mindestens zwei Feuerwehren gleichzeitig", erklärt Torsten Hensel. Denn der Engpass der Handorfer ist keine Ausnahme. "Das hat sich bereits vor einigen Jahren so angedeutet", so der Kreisbrandmeister. "Bis 1999 hatten wir damit gar keine Probleme, aber jetzt kommen junge Jahrgänge nach, die nur Autos bis 3,5 Tonnen fahren dürfen."

Das Problem ist laut Hensel bei den großen Feuerwehren weniger gravierend. Denn für die großen Einsatzfahrzeuge brauchten die Fahrer auch bisher schon einen LKW-Führerschein. "Aber die kleinen Ortswehren sind stark betroffen." In ihren Hallen stehen landkreisweit etwa 50 Tragkraftspritzenfahrzeuge. Das sind Kleinbusse mit einer Wasserpumpe zum Anschluss an einen Hydranten. Auch ihr Gewicht überschreitet die 3,5-Tonnen-Grenze.

Eine "einfache und unbürokratische Lösung" für das Problem bei den mittleren Einsatzfahrzeugen hat Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) im Juli im Bundesrat vorgeschlagen. In einem Entschließungsantrag fordert er eine Sonderregelung für alle Rettungsdienste und Katastrophenschutz-Einheiten. Wer zwei Jahre lang einen Führerschein der Klassse B besitzt, soll nach internen Fahrstunden auch bis 7,5 Tonnen schwere Einsatzfahrzeuge fahren dürfen.

Davon hält Hensel aber wenig. "Ich bin gegen eine Zwischenlösung." Der Ehrenbeamte vertritt die Brandbekämpfer gegenüber der Politik. Von den Kommunen im Landkreis fordert er, dass sie Führerscheine der Klasse C1 für Fahrzeuge zwischen 3,5 und 7,5 Tonnen sponsern.

Dieses Anliegen unterstützt Günter Dubber. Bardowicks Bürgermeister will jetzt auch alle seiner Amtskollegen im Landkreis von der Idee überzeugen. "Es wäre unfair, wenn die Helfer auf den Kosten sitzen bleiben." Außerdem sieht er in der Chance auf einen C1-Führerschein einen Anreiz, in die Feuerwehr einzutreten. Kandidaten für die Fahrstunden werden bereits gesucht.