Die Hochschulgruppe “campus.grün“ kritisiert eine Lüneburger Gaststätte, die wiederholt mit einem Schnitzel-Wettessen wirbt.

Lüneburg. Die grüne Hochschulgruppe der Leuphana Universität "campus.grün" kritisiert die Ausrichtung der zweiten Schnitzelmeisterschaft in einer Lüneburger Kneipe am 1. August. In einem Brief an lokale Medien ruft "campus.grün" die Lüneburger dazu auf, dem Veranstalter in Leserbriefen und im Gästebuch auf dessen Internetseite die Meinung zu sagen. Schnitzelmeisterschaft klinge zwar lustig, aber es gebe "gute Gründe nicht an dieser Veranstaltung teilzunehmen", so die Hochschulgruppe. Bereits im Vorjahr hatte es Kritik gegeben, als das "Anno 1900" das Schnitzelwettessen zum ersten Mal veranstaltet hatte.

Bei dem Wettbewerb geht es darum, innerhalb von eineinhalb Stunden so viel Schnitzel wie möglich zu essen. Für ein "Startgeld" in Höhe von 25 Euro gibt es für alle Teilnehmer so viele Riesenschnitzel auf den Teller, wie reingehen. Eine Jury wiegt und überwacht die verdrückte Menge Fleisch - der Gewinner, der "Schnitzel-Kaiser" darf sich über einen Wanderpokal und - offenbar um die Kalorien wieder loszuwerden - ein Wellness-Wochenende freuen. Der Sieger aus dem Vorjahr, Kai-Uwe Schade, hatte 1,47 Kilo Schweineschnitzel gegessen und will in diesem Jahr seinen Titel verteidigen.

"Wir leben in scheinbarem Überfluss und tun dabei Dinge, die nicht nachhaltig sind", sagen die Studenten von "campus.grün". "Wir wollen mit unserer Stellungnahme in Erinnerung rufen, dass der Fleischkonsum in den vergangenen Jahren generell massiv zugenommen hat", sagt Sebastian Heilmann von der Hochschulgruppe. "Es ist schade, dass eine Lüneburger Gaststätte so eine Veranstaltung als Werbemaßnahme ausrichtet."

Pikant: Obwohl auch Mitglieder der Grünen das Wettessen im vergangenen Jahr kritisch kommentiert hatten, saß der Ratsherr der Stadt Lüneburg, Ulrich Blanck (B90/Grüne), in der Jury. Blanck: "Ich hatte zugesagt, dort mitzumachen, also habe ich mein Wort gehalten." Er habe der Aktion damals wie heute keine große Bedeutung beigemessen. Auch der Fraktionsvorsitzende der Lüneburger Grünen, Andreas Meihsies, habe ursprünglich 2008 Jurymitglied sein wollen, aber aufgrund des öffentlichen Drucks wieder abgesagt. Die breite Kritik und Berichterstattung (unter anderem sendete Kabel 1 einen Beitrag in der Reihe "Abenteuer Leben") hatten aber offenbar Auswirkungen, auch auf Blanck. "Ich werde in diesem Jahr nicht teilnehmen", so der grüne Ratsherr. Natürlich könne man die Veranstaltung kritisch sehen. "Aber dann frage ich mich, was die Leute machen, die in den großen Lüneburger Restaurants essen gehen. Unterm Strich ist das Wettessen weniger zu kritisieren als das, was in normalen Restaurants Tag für Tag geschieht."

Ein weiterer Kritikpunkt von "campus.grün": "Anno 1900"-Inhaber Martin Lühmann verarbeitet konventionelles Schweinefleisch vom Handelshof Lüneburg. "Das heißt, das Fleisch ist aus Massentierhaltung", so Sebastian Heilmann. Im Vorjahr hatte Lühmann Biofleisch von Neuland für den Wettbewerb genommen. "Den Teilnehmern hat das aber nicht sonderlich geschmeckt." Bioware sei zudem einfach zu teuer, so Lühmann. "Ich hatte eine Zeit lang Biofleisch auf der Karte, aber kein Gast war bereit, den höheren Preis zu zahlen." Er selbst sei zwar auch gegen Massentierhaltung. Die Kritik der Gruppe "campus.grün" hält er aber für nicht konsequent: "Das widerspricht sich alles. Wenn man mal hochrechnet, was bei den ganzen großen Buffets in Lüneburg Tag für Tag weggeworfen wird, habe ich im Vergleich nur sehr wenig Essensabfälle", so Lühmann.

Im TV-Bericht, den man sich auf der Internetseite der Kneipe ansehen kann, wird jedenfalls klar, was dem "Anno"-Besitzer persönlich am besten schmeckt. Er und sein Hilfskoch bevorzugen im direkten Vergleich mit Biofleisch das konventionelle Schnitzel. Lühmanns Fazit: "Schmeckt besser, oder? Da sieht man mal was die Genforschung macht."