Die Fraktion der Grünen im Landkreis Harburg fordert lückenlose Aufklärung beim Königsmoorer Rupf-Skandal.

Königsmoor. Der Landkreis Harburg hat die Akten über die Machenschaften des Gänse-Mastbetriebes an die Stader Staatsanwaltschaft weiter geleitet. Dort werden die Ermittlungen gegen den Wistedter Gänsemast-Betrieb wegen Tierquälerei aufgenommen.

Wie berichtet, wurden in dem Betrieb in der Vergangenheit Gänse bei lebendigem Leib mit Maschinen gerupft. Immer wieder mussten die Tiere diese barbarische Tortur über sich ergehen lassen. Rund 2000 Gänse leben in der Herde bei Königsmoor. Tierschützer der Organisation "Vier Pfoten" hatten heimlich Filmaufnahmen und Fotos von diesen Rupfaktionen gemacht und an die Öffentlichkeit gebracht.

Die Grünen im Landkreis Harburg verurteilen die Tierquälereien und fordern in einer Anfrage an die Kreisverwaltung in Winsen mehr Fakten über den Fall. Unter anderem will die Fraktion wissen, ob "dies ein Einzelfall ist, der durch das couragierte Eintreten der Tierschutzorganisation ans Licht kam, oder steht zu befürchten, dass die Kontrollmechanismen des Landkreises nicht ausreichen und generell verbesserungswürdig" seien, so Fraktionschefin Ruth Alpers.

Auch Harburgs Landrat Joachim Bordt (FDP) verurteilte die Rupfaktionen des Betriebes in Königsmoor und nannte die Vorgehensweise mit lebenden Tieren eine "Schweinerei". Bordt: "Es hat vorher nie Hinweise, weder von Privatpersonen noch von Tierschutzorganisationen, gegeben, dass die Rupfmaschine, die nur für geschlachtete Tiere zulässig ist, in diesem Betrieb bei lebenden Tieren eingesetzt wird. Diese Vorfälle müssen schonungslos aufgeklärt werden. Bei Bekanntwerden der Vorfälle sind wir aktiv geworden. Und bei der Staatsanwalt ist die Sache in guten Händen."

Der Betrieb der Familie Schwerk habe, wie alle größeren Geflügel-Betriebe in der Vergangenheit ganz besonders im Visier des Veterinäramtes gestanden. "Im Zusammenhang mit der Vogelgrippe und Aufstallpflicht hatte es in den vergangenen Jahren immer wieder unangemeldete Kontrollen auch in Königsmoor gegeben, so Bordt. Die Frage, ob den Amtstierärzten vor Ort nie aufgefallen sei, dass die Tiere gerupft und teilweise schwer verletzt waren, verneint Bordt. "Es hat bei keiner dieser Kontrollen Hinweise auf Tierquälerei gegeben."

"Ein findiger Veterinär hätte bei den Kontrollen zur Vogelgrippe auch mal ein Tier umgedreht", sagt hingegen Marcus Müller von "Vier Pfoten". Dann hätte er sofort sehen müssen, dass der Federnwuchs viel zu dünn ist.

Jetzt müsse geklärt werden, wie oft und vor allem wie der Betrieb in der Vergangenheit kontrolliert wurde. "Das ist ein riesiger Betrieb", so Müller. Den Veterinären hätte auffallen müssen, dass sich neben den Rupfmaschinen auch massenweise Federn in großen weißen Säcken befunden haben müssen. Darüber hinaus, sagt Müller, sei die Tierquälerei offenbar im Dorf bekannt gewesen: "Da sind eine Menge Leute in dem Betrieb - die Mitarbeiter haben nach unseren Informationen offen über ihre Arbeit gesprochen."

Generell hat der Tierschützer immer wieder "leider traurige Erfahrungen" mit Veterinärämtern gemacht. "Es ist an der Tagesordnung, dass Skandale unter der Decke gehalten werden." Die Ämter hätten oft schlicht keine Lust, solchen Fällen nachzugehen, "denn das wäre ja der Beweis, dass der Veterinär geschlafen hat."

Das Hauptproblem sieht er in den regionalen Netzwerken: In vielen Gegenden seien die lokalen sozialen Strukturen so eng, dass man nicht von unabhängigen Kontrollen sprechen könne. "Die Veterinäre tun sich oft selbst keinen Gefallen, gegen örtliche Großbetriebe vorzugehen," sagt Müller. Da stehe viel auf dem Spiel, wenn man sich "beim Stammtisch wiedersieht, oder plötzlich aus dem Golfclub fliegt."

Er fordert daher eine "kompetente Task-Force auf Bundesebene". Zum Harburger Veterinäramt sagt Müller: "Die haben jetzt die Chance, alles besser zu machen als viele ihrer Kollegen."