Essensreste im Kompost locken die Tiere an. Und die Vorsorge in den Kommunen muss verbessert werden, fordern Fachleute.

Bleckede/Buchholz. Gemütliche Grillabende gibt es seit zwei Wochen nicht mehr bei Familie Kolm. Seit dieser Zeit kommt bei den Buchholzern regelmäßig zwischen 20 und 21 Uhr ein ungebetener Gast und vermiest ihnen die Sommerabende im Garten. Eine Ratte taucht plötzlich aus dem Blumenbeet auf, läuft über die Terrasse und verschwindet dann im Gebüsch. Zunächst dachte Laura Kolm, es wäre nur ein einmaliger Besuch. "Ratten habe ich hier noch nie gesehen." Mittlerweile weiß sie, dass es nicht so ist. Auch in der Nachbarschaft seien in jüngster Zeit immer wieder Ratten gesehen worden, berichten die Nachbarn. Seitdem achtet Laura Kolm darauf, dass die Terrassentür immer geschlossen bleibt.

Mirko Döpper ist Kammerjäger aus Bleckede. Er sagt: ,,Das schwülwarme Wetter der vergangenen Tage trägt dazu bei, dass Ratten sich stärker vermehren. Der Faulgeruch von Komposthaufen und aus Bio- beziehungsweise Mülltonnen lockt sie an. Sie finden oft einen reichlich gedeckten Tisch vor und sind deshalb wohlgenährt. Beste Voraussetzung, um sich zu kräftig zu vermehren." Die Menschen machten es den Ratten leicht durch falsches Verhalten, reichlich Nahrung zu finden. Die Gründe seien vielfältig. Der Schädlingsbekämpfer zählt auf: ,,Auf einen Komposthaufen gehören nur Gartenabfälle, keine Essensreste. Auch kein Salat und keine Kartoffelschalen. Denn eigentlich sind die Nager Vegetarier und freuen sich über jedes Salatblatt, das sie finden. Außerdem werden gelbe Säcke viel zu früh vor dem Abtransport an die Straße gestellt. Die sind viel zu dünn und deshalb ist der Inhalt leichte Beute für die Ratten." Gekochte Essensreste auf Komposthaufen verschärften die Situation noch. Weil der Geruch gekochter Mahlzeiten sie anlocke.

Denn eines sei klar, betont Döpper. ,,Sobald wir Ratten sehen, die durch Gärten laufen, ist es schon zu spät, dann muss dringend und fachgerecht gehandelt werden." Von einer Plage in der Region möchte er nicht sprechen, sehr wohl aber von einem unterschätzten Problem. Alleine er habe bei seinen Einsätzen im vorigen Jahr eine Tonne Rattenköder ausgelegt. ,,Ich spüre, dass die Population ansteigt, weil ich mehr Einsätze habe - und zwar das ganze Jahr über." Grund zur Panik bestehe nicht, sagt der Kammerjäger. Aber die Vorsorge müsse besser werden. Schließlich seien Ratten gefährliche Krankheitsüberträger, weil sie bei ihrer Nahrungssuche durch die Kanalisation streiften und dabei jede Menge Keime weitertragen, erklärt er.

Das niedersächsisches Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (Laves) spricht von 120 Infektionskrankheiten, die Ratten übertragen können, unter anderem Ruhr, Cholera, Toxoplasmose und die Pest. Aber auch die Erreger für Tierkrankheiten wie Maul- und Klauenseuche, Geflügel- und Schweinepest tragen sie weiter, so das Laves.

Unterdessen hat sich Laura Kolm in einem Fachgeschäft beraten lassen. Jetzt hat sie Rattengift ausgelegt, dass andere Tiere nicht schädigt. Die Köder werden offensichtlich gut angenommen. Aber Vorsicht, warnt Schädlingsbekämpfer Döpper. ,,Oft sind die Wirkstoffe in Ködern veraltet, die Tiere dagegen bereits resistent."

Niedersachsen ist das einzige Bundesland, das eine Rattenverordnung hat. Dort heißt es: "Die Gemeinden haben Entrattungen durchzuführen, wenn ein Rattenbestand festgestellt wird, der geeignet ist, die Gesundheit der Bevölkerung zu gefährden (...)." Kammerjäger Döpper sagt aber: ,,Die Kanäle müssen sorgfältiger überprüft werden." Doch oft fehle den Kommunen das Geld dafür. Er fordert: ,,Gemeinden, Städte und Landkreise müssen sich an einen Tisch setzen und miteinander darüber reden, wie die Rattenbekämpfung besser wird."