Auch der Bürgerverein ist gegen die geplanten Neubauten. Die Baugenehmigung liegt aber vor.

Lüneburg. Unmut und Zufriedenheit über die Arbeit der Lüneburger Stadtverwaltung vereint der Bürgerverein einmal im Jahr in seiner nach den Stadtfarben benannten Rot-Blau-Weißen-Mappe. Besonders ein Projekt ärgert die Mahner in diesem Jahr - und damit schließen sie sich einer breiten Öffentlichkeit an: die geplanten Neubauten an der Frommestraße. Positiv bewertet der Verein dagegen einen anderen Neubau: den eines Hotels im Alten Kaufhaus, der ehemaligen Feuerwache.

Seit 1973 erscheint die Rot-Blau-Weiße-Mappe nach dem Vorbild der Roten Mappe des Niedersächsischen Heimatbunds. "Im Kapitel ,Lob und Tadel` spiegeln sich unmittelbare Befindlichkeiten der Bürgerinnen und Bürger, Zufriedenheit, Unmut, Wünsche, Hoffnungen und Erwartungen an die Gestaltung unseres Gemeinwesens", erklärt Vereinschef Rüdiger Schulz.

Die Tendenz dabei geht laut Schulz seit einigen Jahren deutlich in Richtung mehr Lob als Tadel. "Die Stadt wird immer besser", lautet der erste Teil seiner Antwort auf die Frage nach dem Warum. Der zweite: "Und wir regen uns nicht mehr so auf." Habe der Verein früher viele Kleinigkeiten kritisiert, konzentriere er sich inzwischen auf wenige, dafür größere Themen.

Wie etwa die von dem Investor Jürgen Sallier geplanten Neubauten an der Frommestraße. Die Stadt habe sich dort auf "juristisches Glatteis begeben", ist Schulz überzeugt. "Laut Paragraf 34 Baugesetzbuch darf ein Vorhaben das Ortsbild nicht beeinträchtigen", sagt er. Und schweigt kurz, bevor er fortfährt: "Da muss man kein Jurist sein, sondern die Reaktionen der Bevölkerung wahrnehmen. Nach unserer Sicht wird das Stadtbild nachhaltig beeinträchtig."

Die Stellungnahme der Stadtverwaltung zur Kritik des Bürgervereins, "über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten", reicht Schulz nicht: "Über Geschmack lässt sich sehr wohl streiten, und auch über Gesetze. Nicht umsonst gibt es seitenweise Kommentare gerade zu diesem Halbsatz im Baugesetzbuch."

Doch die Baugenehmigung ist längst erteilt, bestätigt die Stadtverwaltung. Schulz hofft: "Man sollte aus dem Fall lernen und öffentliche Diskussionen veranlassen, so lange noch Zeit dafür ist." In ihrer Antwort zur Frommestraße hatte die Verwaltung indes betont: "In einem Baugenehmigungsverfahren ist grundsätzlich keine Beteiligung der Öffentlichkeit vorgesehen. Es besteht also weder ein Anspruch noch ein Erfordernis, ein privates Bauvorhaben der Öffentlichkeit vorzustellen."

"Ärgerlich" findet Schulz das Thema Frommestraße, "kurios" ein anderes: die Antwort der Stadtverwaltung auf seine Kritik am Zustand des Radstreifens am Lüner Weg: "Da das eine Tempo-30-Zone sei, könne man die Straße benutzen, der Radweg werde ,also eigentlich nicht mehr gebraucht`. Doch die Straße sieht noch schlimmer aus als der Radweg."

Lob gibt's vom Bürgerverein unter anderem für folgende Projekte: die neue Glocke für St. Nikolai, die Zusage der Stadt für den Erhalt des Gemeindehauses Am Ebensberg, den Umbau des Alten Kaufhauses, die Zusage des Oberbürgermeisters, dem vom Bürgerverein 2007 beanstandeten schlechten Zustand der Bockelsberg-Teiche zu verbessern und die Umsetzung der Stadt seiner Anregung aus dem vergangenen Jahr, vom Liebesgrund Sichtschneisen zur Reitenden-Diener-Straße freizuschneiden.

Wünsche äußert der Verein natürlich auch: eine bessere Vertaktung des Busverkehrs mit dem Metronom, die finanzielle Unterstützung des Landes bei der Sanierung des Rathauses und die Öffnung des Durchgangs in der Bardowicker Mauer zwischen Reitender-Diener-Straße und Liebesgrund. "Leider hat die Stadt in ihrer Antwort darauf nur die Probleme aufgelistet", sagt Schulz. "Aber man wird doch auch mal träumen dürfen."

Die Rot-Blau-Weiße-Mappe ist ab sofort erhältlich bei Rüdiger Schulz unter Telefon 04131/522 88.