Seltsam fühlt es sich an: Die Wohnung ist still und leer. Kein Geklapper, kein Gemurmel, nur ich und 90 m⊃2; Wohnfläche. Irgendwo tickt eine Uhr, draußen schlägt jemand eine Autotür zu, ansonsten passiert nicht viel.

Ich bin verwirrt: Das erste Mal seit zwei Jahren bin ich alleine zuhause! Niemand, der noch in seinem Zimmer hockt, in der Küche großartige Mahlzeiten zubereitet oder das Bad besetzt.

Für viele Menschen wohl das normalste überhaupt, doch für mich eine vollkommen ungewohnte Erfahrung. Vor kurzem lebte ich noch inmitten einer immer belebten und lauten Zehner-WG, in der an Alleinsein und Stille nicht zu denken war. Oft sehnte ich mich nach Ruhe und einer leeren Wohnung, verwünschte die anderen, ihren Krach und das von ihnen (und natürlich auch mir) angerichtete Chaos. Dann kam der Umzug und meine neun Mitbewohner reduzierten sich auf zwei.

Von diesen beiden verbliebenen ist die eine nun verreist und die andere nächtigt bei ihrem Freund. Somit bin ich das erste Mal seit knapp zwei Jahren ganz alleine in einer Wohnung. Diese Stille verunsichert mich: Sitzt denn nicht noch jemand in der Küche und trinkt einen Kaffee mit mir? Wer guckt später mit mir den Tatort? Und was macht man, wenn man die komplette Wohnung für sich hat?

Ich fürchte, an diesen möglichen Zustand sollte ich mich gewöhnen. Bei nur drei Personen kommt es bestimmt häufiger vor, dass zwei ausgeflogen sind. Jetzt aber rufe ich erst mal ein paar Freunde an und lade sie zum gemeinsamen Kochen ein. Ans Alleinsein kann ich mich noch ein anderes Mal gewöhnen.

Nora Unger studiert Angewandte Kulturwissenschaften an der Uni Lüneburg.

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