Der Notdienst in Lüneburg allein reicht nicht aus. Mediziner sind freiwillig auch außerhalb der Bereitschaftszeiten im Dienst. Patienten freuen sich über kurze Wege in die Praxis.

Adendorf. Sonnabend 10.30 Uhr. Die Patienten im vollbesetzten Wartezimmer der Praxis Dr. Gerzmann/Dr. Dröge empfinden sich allemal als Notfall-Patienten. Pia klagt über Bauchschmerzen. Der Mann ihr gegenüber zeigt auf sein Fußgelenk: "Ich hab mit dem Neffen gebolzt und mir dabei wahrscheinlich einen Muskelfaserriss zugezogen." Vis á vis wartet Bärbel Koba. Ein Zeckenbiss beunruhigt sie. Kathrin Frahm ist erkältet: "Ich doktere schon die ganze Woche damit herum. Montag muss ich für die Arbeit wieder fit sein."

Bis zu 33 Patienten laufen zur Sonnabend-Sprechstunde in der Adendorfer Praxis auf - Kassen- und Privatpatienten. Seit Anfang März besteht im Wechsel mit sechs weiteren Praxen aus Scharnebeck und Adendorf dieses Angebot. "Der Grund dafür ist die Neuorganisation des kassenärztlichen Notdienstes. Seit März ist die zentrale Anlaufstelle für alle Notfälle außerhalb der ärztlichen Sprechstunde die Bereitschaftspraxis in der Jägerstraße", sagt Jörg Gerzmann.

Parallel dazu hat sich, ebenfalls in Adendorf, ein privatärztlicher Notdienst gegründet. Die Behandlung dort müssen gesetzlich versicherte Patienten aus eigener Tasche zahlen. "Wir und viele andere Ärzte wollen keine Zwei-Klassen-Medizin", sagt Michael Dröge. "Mit unserem Angebot richten wir uns an Notfallpatienten und solche Patienten, die in der Woche kaum Zeit finden, zum Arzt zu gehen." Bezahlt werden muss von praxisfremden Patienten die Notdienstgebühr von zehn Euro. Abgegolten sind damit alle weiteren Notdienstbesuche für das Quartal.

"Diese Sprechstunden am Sonnabend sind rechtlich gesehen keine Notfall-Sprechstunden und müssen demnach nicht genehmigt werden", erklärt Oliver Christoffers, Geschäftsführer KVN-Bezirksstelle Lüneburg. Sie werden seit 2005 von den Krankenkassen und Kassenärztlichen Vereinigungen (KVN) gefördert.

Kranke aus Adendorf und der Samtgemeinde Scharnebeck schätzen die kurzen Wege am letzen Werktag der Woche in die Praxen. "Gerade für ältere Menschen ist dies ein wunderbares Angebot", bestätigt Patientin Kathrin Frahm. Ohne eigenes Auto sei die Fahrt nach Lüneburg am Wochenende kaum möglich. "Nur wenige Busse fahren von den Dörfern in die Stadt und zurück. Eine Taxifahrt ist für viele unbezahlbar."

Sprechstundenhelferinnen Ramona Hollenbach und Gabi Doerk bestätigen den Erfolg der Sprechstunde: "Sie wird sehr gut angenommen. Die Patienten sind froh, dass wir da sind."

Für die Adendorfer Ärzte bringt die Neuorganisation des kassenärztlichen Notdienstes Vorteile. "Früher hatten wir jährlich 20 Notdienste über jeweils 24 Stunden zu bewältigen", berichtet Michael Dröge. In Landstrichen mit ärztlicher Unterversorgung seien Kollegen mit bis zu 70 Notdiensten im Jahr beschäftigt. Mit der Umstellung im Landkreis Lüneburg habe sich der Einsatz des einzelnen Arztes auf jährlich fünf bis sechs Dienste in der Jägerstraße reduziert. "In einem sensiblen Bereich wie der Notfall-Medizin wollen wir mit der Sonnabend-Sprechstunde ein Angebot für alle Menschen schaffen. Die Retter des Systems sind wir damit nicht."