Immer weniger Studenten haben Zeit, in der Reparaturwerkstatt für Fahrräder zu jobben. Grund: der enge Bachelor-Stundenplan.

Lüneburg

Es britzelt, blauer Qualm steigt auf, Funken sprühen. Fabian Röse schweißt eine Pedalkurbel an ein altes, pinkfarbenes Damenfahrrad. "So, jetzt müsste es eigentlich halten", murmelt der 27-Jährige. Die Luft riecht angebrannt.

Röse studiert eigentlich Umweltwissenschaften. Nebenbei arbeitet er bei "KonRad", der Fahrrad-Selbsthilfewerkstatt an der Uni Lüneburg. Seit über zehn Jahren können Studenten hier ihren Schlauch flicken, verbogene Räder auswuchten, oder einfach nur die Kette ölen. Und wenn die Reparatur mal etwas komplizierter wird, gibt es Hilfe - kompetent und vor allem günstig. Um immer einen guten Service bieten zu können, bildet sich das KonRad-Team fort.

Trotzdem ist Fabian Röse derzeit der Einzige im Team, der schweißen kann. Die Service-Einrichtung des AStA hat mit einer hohen Mitarbeiter-Fluktuation und Nachwuchsmangel zu kämpfen. Vor allem seit der Einführung des Leuphana-Bachelors findet KonRad kaum neue Mitarbeiter. Zwar wollten vor Kurzem zwei junge Studentinnen einsteigen. Schnell mussten sie aber feststellen, dass sie einfach nicht genug Zeit haben.

"Die Mädels waren super! Aber durch die festgelegten Vorlesungszeiten im Leuphana-Studium hatten sie keine Möglichkeit, auch nur eine Schicht in der Woche zu übernehmen", sagt Friederike Reif. Sie ist Geschäftsführerin bei KonRad und erst seit vergangenem Jahr dabei. "Als ich hier angefangen habe, hatten wir sechs Leute, die alle mindestens zwei Jahre Erfahrung hatten." Jetzt ist die Sozialpädagogik-Studentin nach zwölf Monaten die Dienstälteste.

Doch nicht nur der Nachwuchsmangel bereitet den KonRadlern Sorgen. Denn möglicherweise wird es die Werkstatt bald gar nicht mehr geben. Der Grund: die Baupläne auf dem Uni-Campus. Kommt das Audimax tatsächlich, werden die Hallen zwischen Gebäude 16 und Vamos abgerissen. KonRad bräuchte dann ein neues Zuhause. Das wird allerdings von der Uni zumindest bislang nicht verbindlich zugesichert.

"Eine konkrete Zusage haben wir von der Uni noch nicht bekommen", sagt Reif. Die junge Geschäftsführerin beklagt die mangelhafte Kommunikation seitens der Verantwortlichen im Präsidium gegenüber dem AStA. Was sie allerdings stutzig macht: "Der Hausmeister, der direkt neben uns sitzt, ist schon fest in die neuen Gebäude eingeplant. Wir sind es nicht."

"KonRad soll erhalten bleiben", betont hingegen Leuphana-Sprecher Henning Zühlsdorff. Es sei vorgesehen, für Ersatz zu sorgen. "Als Uni verfolgen wir das Prinzip der Nachhaltigkeit auch im praktischen Leben." Dass die Werkstatt bisher nicht im neuen Raumnutzungsplan integriert sei, liege daran, dass es sich hierbei um so genannte Nebennutzungsflächen handele, sagt Zühlsdorff.

Trotzdem befürchten die KonRad-Mitarbeiter, bei der Raumverteilung übergangen zu werden. Erinnerungen an das Vorgehen des Uni-Präsidiums mit dem Studiengang Sozialpädagogik werden wach.

Auch für die BWL-Studentin Nicole Küffel wäre es unverständlich, wenn die Selbsthilfe-Werkstatt keine Ersatzräumlichkeit bekommen würde. Die 21-Jährige lobt das KonRad-Konzept: "Manches kann man einfach nicht zuhause reparieren, und die Fahrradläden in der Stadt verlangen viel Geld", sagt sie. Und: "Es ist toll, wenn man dabei etwas lernen kann. Beim nächsten Mal kann man es dann vielleicht selber reparieren."

Das muss sie dann vielleicht auch - wenn das Audimax gebaut werden sollte. Friederike Reif jedenfalls bezweifelt, dass die Uni überhaupt in der Lage sein wird, eine angemessene Ersatz-Räumlichkeit zur Verfügung zu stellen: "Die Decken brauchen eine bestimmte Höhe. Und wir brauchen viel Platz für die Fahrräder, das ganze Werkzeug und das Büro."

Ob mit KonRad oder ohne - auf das Fahrrad werden die Leuphana-Studenten auch in Zukunft nicht verzichten können. Bleibt zu hoffen, dass die Uni die gewünschte Nachhaltigkeit am Ende auch in die Praxis umsetzt.