Heute decken 147 aktive Zuchthengste jährlich rund 8000 Stuten in 40 Stationen. Kosten: 400 bis 1200 Euro.

Hohnstorf

Crazy Classic ist in seinem Element. Ausgiebig prüft er die Paarungsbereitschaft der vierjährigen Hannika. Die Hannoveraner Stute lässt es sich gern gefallen, ist doch der Aktionsradius des rassigen Hengstes beschränkt. Statt einer Ganzkörperbegegnung darf er einzig Kopf und Hals aus dem kleinen Fenster einer benachbarten Box recken und die Stute beschnüffeln. Dabei streichen seine Nüstern über Kopf, Hals, Widerrist, Rücken, Kruppe und einen Teil des Bauches der Hannoveranerin.

Während Crazy Classic nicht von ihr lassen kann, zeigt Hannika die typischen Verhaltensweisen, die Paarungsbereitschaft signalisieren. So duldet die Stute in nicht nur die Nähe des Hengstes, sondern drängt nach Möglichkeit sogar aktiv zu ihm hin. Sie stellt die Hinterbeine breit, hebt den Schweif und hält ihn zur Seite. Dabei setzt Hannika kleinere Mengen mit Schleim vermengten Harns ab.

Alles scheint perfekt, doch Crazy Classic darf nicht zum Natursprung ansetzen. Stutenbesitzer Dr. Günter Studt setzt nämlich auf künstliche Besamung und hat für seine Hannika einen ganz anderen Partner ausgeguckt - einen Hengst der Deckstation Ankum. "Die Stars bekommt man nicht im Natursprung", erklärt der Brietlinger Züchter.

Doch das auf acht bis zehn Grad gekühlte Sperma des Auserkorenen ist bereits in Hohnstorf eingetroffen und in diesem Zustand zwei bis drei Tage haltbar.

Die künstliche Besamung im Untersuchungstand der Deckstation übernimmt Obersattelmeister Hans-Peter Klaus. Er führt ein kleines mit Sperma gefülltes Rohr durch den Gebärmuttermund der rossigen Stute und spritzt die wertvolle weiße Flüssigkeit in die Gebärmutter.

Kurfürst Georg II gründete 1735 das Landesgestüt in Celle. Dort wollte er die besten hannoverschen Pferde für die Kavallerie und die Landwirtschaft im eigenen Land rekrutieren und nicht teuer im Ausland einkaufen müssen. Das Unterfangen startetebescheiden mit 13 Beschälern - den bewährten Deckhengsten des Landgestüts. Heute decken 147 aktive Zuchthengste jährlich rund 8000 Stuten in 40 Deck- und Besamungsstationen.

Wegen der Möglichkeit, frisches, gekühltes Sperma zu versenden und seit der Einführung der künstlichen Besamung zu Hause, ergreifen immer mehr Züchter die Gelegenheit, ihre Stute bei einer befugten Deckstation oder auf dem eigenen Hof durch einen Tierarzt besamen zu lassen. "Im Gegensatz zum Natursprung wird das Sperma bei der künstlichen Besamung gestreckt, um mehreren Stuten außergewöhnliche Fohlen zu ermöglichen", erklärt Pferdeexperte Klaus.

Hinzu kommt das geringere Risiko im Bezug auf Deckinfektionen oder Verletzungen, die Entlastung stark frequentierter Hengste, gezielte Ausnutzung wertvoller Erbanlagen und die Möglichkeit der Besamung zum günstigsten Zeitpunkt. 120 Stuten wurden im vergangenen Jahr auf dem Hohnstorfer Gelände im Basedowweg gedeckt oder künstlich besamt.

An Decktaxe für Hannika zahlt Günter Studt 500 Euro pro Saison, die von März bis Juli dauert. In dieser Zeit kann die empfängnisbereite Stute so oft mir Frischsamen versorgt werden, bis sie trächtig ist. Die Taxe für Samen von Beschälern des Landesgestüts bewegt sich zwischen 400 und 1200 Euro. "Den Preis bestimmt die Nachfrage, doch sind die Konditionen noch preiswert", sagt Oberstallmeister Klaus. Züchter, die es unterdessen etwas exklusiver mögen, kann die Zusendung von tief gefrorenen Sperma eines ausländischen Superhengstes gerne schon mal mehrere tausend Euro kosten.