Eine hohe Konzentration von Schadstoffen ist im Industriegebiet Lüneburg-Süd zutage getreten. Der Landkreis rätselt über die Herkunft, schließt ein Gefahr für die Bevölkerung jedoch aus.

Melbeck/Embsen. Umweltalarm im Industriegebiet Lüneburg-Süd, das zwischen den Gemeinden Melbeck und Embsen liegt: Bei einer Probe aus einem privaten Brunnen wurden Gifte und Schwermetalle im Grundwasser entdeckt. Die Konzentration der Schadstoffe übersteigt die zulässigen Grenzwerte um ein Vielfaches, die höchste gemessene Konzentration ist 200-fach höher als es die Trinkwasserverordnung erlaubt. Das gaben Landrat Manfred Nahrstedt und Wolfram Kallweit, Leiter des Fachbereichs Umwelt bei der Kreisverwaltung, bekannt.

Die Analyse der Probe, die aus 53 Meter Tiefe gezogen wurde, förderte einen giftigen Cocktail aus Arsen, Stickstoffverbindungen, Nickel, Sulfat, Fluorid, Eisen, Mangan, Zink und Kalzium zutage. Eine Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung bestehe aber nicht, betont Nahrstedt. ,,Untersuchungen des Trinkwassers im Zeitraum vom 23. bis 28. April liegen im grünen Bereich. Es gibt keine Verunreinigung."

Dennoch fordert der Landrat alle Bürger auf, die Brunnen in Gärten nahe dem Industriegebiet betreiben, das Wasser überprüfen zu lassen. Gleiches gelte für Landwirte, die Wasser für die Feldberegnung aus dem Boden pumpen. Ansprechpartner ist das Kreisgesundheitsamt in Lüneburg, Telefon 04131/26 14 70.

Tote Fische in einem neu angelegten, mit Grundwasser aus einem Brunnen gespeisten Teich in einem Garten im Industriegebiet brachten den Stein ins Rollen. Der Teichbesitzer hatte den Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) in Lüneburg über die verendeten Tiere informiert. Der Landesbetrieb untersuchte das Brunnenwasser und teilte das Ergebnis dem Landkreis mit.

Der Kreis weiß seit Anfang April von den Schadstoffen im Grundwasser. ,,Wir haben weitere Untersuchungen eingeleitet - zum Beispiel 24 Stunden lang Wasser aus dem Brunnen abpumpen lassen, um zu klären, ob jemand etwas in den Brunnen gekippt hat. Das ist nicht der Fall. Die Schadstoffe sind weiter da", so Landrat Nahrstedt.

Nun soll ein Gutachter, der vom Landkreis beauftragt wurde, weitere Bohrungen tätigen, um der Ursache für die Schadstoffe im Grundwasser auf die Schliche zu kommen. ,,Er soll Herkunft, Eintritt in den Boden und die Ausbreitung klären", sagt Nahrstedt. Er rechne in den kommenden zwei Wochen mit den ersten Ergebnissen.

Bislang tappt der Landkreis im Dunkeln, weiß nicht woher die Gifte und Schwermetalle stammen. Fakt sei, so Wolfram Kallweit, dass der Garten des Teichbesitzers auf einer Fläche liege, die jahrzehntelang industriell genutzt worden war. Eine Rüstungsfabrik zur Herstellung von hochprozentiger Salpetersäure für die Produktion von Sprengstoff wurde 1937 von den Nationalsozialisten im Industriegebiet errichtet. In den 1950er-Jahren wurde aus der Rüstungs- eine Düngemittelfabrik. Bis 1992 stellte das norwegische Staatsunternehmen Norsk Hydro Dünger her. ,,Eine Grundwasseruntersuchung 1992 nach dem Ende des Betriebs ergab keine Auffälligkeiten", sagt Kallweit.

Heute baut in dem Industriegebiet ein Unternehmen Gips ab, ein anderes stellt Ersatzbrennstoffe aus Altpapier und verbrauchtem Verpackungsmaterial her, eine weitere Firma lagert Düngemittel ein.

Landrat Nahrstedt geht trotz der unbekannten Ursache und der theoretischen Möglichkeit, dass die Schadstoffe ins Trinkwasser gelangen könnten, zurzeit von keiner Gefährdung für die Bevölkerung aus. ,,Der nächste Trinkwasserbrunnen liegt vier Kilometer entfernt an der Ilmenau in Lüneburg. Außerdem wird Trinkwasser in einer wesentlich größeren Tiefe gewonnen als aus der, in der das verunreinigte Grundwasser entdeckt wurde. Darüber liegen schützende Bodenschichten." Zudem schließe die Fließrichtung des Wassers in nordöstliche Richtung zur Ilmenau die Orte Melbeck und Embsen als gefährdete Siedlungsgebiete aus.