Preisverfall stürzt Entsorger in die Krise. Die Zeche zahlt wieder einmal der Bürger: Die Abfuhr des Hausmülls wird zum 1. Juli teurer werden.

"Ab dem 1. Juli werden in der Hansestadt Lüneburg die Gebühren für Hausmüll erhöht", bestätigte Daniel Steinmeier, Pressesprecher der Stadt auf Nachfrage. Noch werde geprüft, um wie viel Prozent die Anhebung ausfalle. Doch teurer werde es in jedem Fall. Freuen dürfen sich dagegen die Bewohner des Landkreises. Ihre Gebühren bleiben unverändert.

Hintergrund der städtischen Maßnahme ist die miserable Bilanz der Gesellschaft für Abfallwirtschaft Lüneburg (GfA).

Überrollt von der globalen Wirtschaftskrise ist die Bardowicker Gesellschaft in den Strudel des Preisverfalls für Altpapier geraten. Vorbei ist die Zeit exorbitanter Altpapierpreise. Erhielt die GfA 2008 in der Spitze noch 100 Euro pro Tonne Mischpapier, wurden vor Ostern erbärmliche 2,50 Euro gezahlt. Vor diesem Hintergrund wird der für dieses Jahr kalkulierte Erlös von 950 000 Euro aus dem Verkauf von voraussichtlich 15 000 Tonnen Altpapier auf einen Bruchteil schrumpfen.

Der Gewinnerwartung steht die Realität eines katastrophalen Verlustes gegenüber. Damit bricht jener Ertrag weg, mit dem bisher die Kosten für die Abfuhr des Hausmülls subventioniert wurden.

Geringfügig, auf einen Mittelwert von 7,50 Euro sind die Preise für Altpapier seit Anfang April geklettert; jedoch weit entfernt von dem 60 Euro-Durchschnittswert, der 2008 die Kasse der GfA füllte - und den Geschäftsführer Hubert Ringe Anfang 2009 für seine Jahresprognose zugrunde legte. Statt schwarzer nunmehr rote Zahlen. "Wenn der Wert für Altpapier nicht steigt, dann sind erhebliche Verluste zu erwarten", so Ringe. Weit ruderte der Chef der kommunalen Müllentsorgung zurück. Bescheiden geworden, hofft er nun auf ein Plus von 100 000, vielleicht auch 150 000 Euro aus dem Verkauf des vormals hochpreisigen Wertstoffs.

Ringe bestätigte der Lüneburger Rundschau, dass - vorausgesetzt die politischen Gremien stimmen zu - die Entgelte für Siedlungsabfälle für Stadt und Kreis bereits zum Juni um 20 Prozent und abermals 2010 um weitere 20 Prozent erhöht werden.

"Nicht unbedingt das Papier ist der Treiber für die Verluste", sagt Hubert Ringe. Bisher habe die Deponie in Bardowick ebenso Geld mit der Annahme von Müll aus anderen Regionen gemacht. Und ebenso hier verfallen Preise und Mengen - eingeplante zwei Millionen Euro werden wohl aus bleiben.

Hoffnungsvoll waren für eine Million Euro 44 000 blauen Tonnen der GfA an die Haushalte verteilt worden. Anfang des vergangenen Jahres lieferten sich der Lüneburger Müllentsorger und der private Entsorger Remondis aus Lünen einen bizarren Häuserkampf um die Sammlung des teuren Sekundärrohstoffs.

"Rund ein Drittel des Verkaufserlöses aus dem Altpapier bleibt uns als Gewinn", rechnete Hubert Ringe am 29. Februar 2008 der Lüneburger Rundschau vor. "Diese Summe geht zu 100 Prozent in die Entgelte", hieß es. Und: Fiele das Geld weg, würden die Müllgebühren insgesamt um bis zu fünf Prozent steigen.

Weiterhin kostenfrei für die Bürger des Landkreises bleibt die Leerung der 8000 Tonnen des Altpapierunternehmens Remondis. Für die Experten in der Recyclingbranche sind Preisverfälle bei Sekundärrohstoffen wie Papier nichts Ungewöhnliches. Allerdings, "mit diesem Verfall konnte niemand rechnen", so Michael Schneider, Pressesprecher von Remondis in Lünen. "Jeder ist gut beraten, Preissenkungen einzukalkulieren. Gerade das Altpapier unterliegt deutlichen Schwankungen." Wenn die Preise zurzeit wieder gestiegen seien, so liege das am Altpapiertransport nach China und Indien. Letztlich gilt: Wer auf den Rohstoffmärkten bestehen will, muss lernen mit dessen Schwankungen zurechtzukommen.