Für rund die Hälfte der angeklagten Fälle von möglichem Abrechnungsbetrug des Lüneburger Orthopäden Dr. Rolf Peter Huhle (55) gemeinsam mit dem Städtischen Klinikum Lüneburg wird das Verfahren eingestellt. Für die übrigen wird er eine Haftstrafe von maximal anderthalb Jahren erhalten. Diese und weitere allein verschuldete hat der Arzt gestern gestanden.

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Nach fünf Stunden Verlesung der Anklage machte Richter Günter Kruse dem Orthopäden und seinen zwei Verteidigern gestern Nachmittag einen Vorschlag zur "einverständlichen Verfahrenserledigung": Einschließlich seiner Haftstrafe für die Brandstiftung am Haus seiner Ex-Geliebten von drei Jahren und sechs Monaten, die er zurzeit in Lüneburg absitzt, sichert ihm die Kammer eine maximale Freiheitsstrafe von fünf Jahren zu. Und: Die Fälle eins bis 420 der Anklageschrift werden vorläufig eingestellt. Hier hat Huhle im Klinikum operiert, obwohl er kein Belegarzt ist.

Unterm Strich sei der immense Aufwand zur Aufarbeitung dieser Fälle - 60 Umzugskartons Unterlagen wurden beschlagnahmt, 1000 Zeugen müssten vernommen werden, zählte Kruse auf - "nicht vertretbar". Außerdem würden die Fälle die Gesamtstrafe nicht erheblich beeinflussen.

Im Gegenzug sollte Huhle ein "umfassendes, glaubhaftes Geständnis" ablegen für die übrigen Fälle - knapp 540 ambulante Operationen in seiner Praxis auf dem Gelände des Städtischen Klinikums, die formell als Krankenhausfälle liefen sowie die mehrfache Verwendung von Einmal-Sonden, die er als Neuprodukte abrechnete (Summe: 20 000 Euro). Die hat übrigens eine Firma geliefert, bei der Huhles Ehefrau Geschäftsführerin ist. Hinzu kommt die unrechtmäßige Inanspruchnahme seiner Krankentagegeldversicherung (Summe: 43 000 Euro).

Gestanden hat Huhle über seinen Anwalt: Ja, er habe alte Sonden verwendet, eine Gefährdung für die Patienten habe jedoch zu keinem Zeitpunkt bestanden. Ja, er habe operiert, während er bei der Versicherung krank gemeldet war, sei aber nicht im Urlaub gewesen in dieser Zeit. Ja, die Kooperation zwischen Klinikum und seiner Praxis bei ambulanten Operationen sei in einer "Grauzone" angesiedelt. Man habe ambulante und stationäre Therapie besser verzahnen wollen und zum Abbau bürokratischer Hindernisse die pro-Forma-Überweisungen eingeführt. All das bereue er. Das Verfahren wird am Donnerstag fortgesetzt. (carol)