Wenn wir Studenten von heute eins wissen, dann ist das, wie wichtig Netzwerke sind. Für unser Studium, für unseren Job, für unsere Zukunft. Ohne Netzwerk keine Insider-Tipps, kein Vitamin B, also kurz gesagt: keine Chance!

So steht es in jedem Karriereratgeber, so predigen es die Berufsberater und mehrseitige Artikel in Uni-Magazinen. Also muss es stimmen. Und tatsächlich kenne ich tausend Beispiele des berühmten "Ich kenne da wen, der jemanden kennt, der jemanden sucht."

Aber es ist auch mal Zeit, auf die Netzwerkprobleme hinzuweisen: Auf Verknotungen, auf Verkabelungssalat und nicht zuletzt auf "falsch verbunden. . .!"

Unheimlich finde ich beim Netzwerken erst mal den Gedanken, dass das Netzwerk auch über mich spricht und nicht nur ich mit dem Netzwerk. Wer weiß schon, wer das hier liest und mich kennt, wer sich angesprochen oder gar beleidigt fühlt? Was darf ich schreiben, was ist unverfänglich? Denn das Netzwerk schlägt zurück! Es lauert uns im Dunkeln auf.

Schizophren finde ich Leute, denen ich anmerke, dass sie Netzwerken. Wieso grüßen die mich nicht mehr, wenn sie einmal die richtige Information von mir bekommen haben? Haben die denn noch nichts von Nachhaltigkeit gehört? Noch schlimmer ist es natürlich, wenn wertvolle Tipps, die man anderen gibt, dazu führen, dass man selbst leer ausgeht. Zum Beispiel bei begrenzten Seminarplätzen oder dem Traumpraktikum. Ist alles schon geschehen und trägt nicht gerade zum Lobpreis der Netzwerkidee bei.

Am Schlimmsten finde ich es aber, dass man sich bei jeder Begegnung nun fragen soll: Bringt mir der was? Wo stecke ich ihn in mein Netzwerk? Was hat er, was kann er mir geben? Eine schreckliche Vorstellung. Es müsste doch auch noch zwecklose Beziehungen geben, oder? Einfach so aus Spaß am anderen.

Ines Tannert studiert Angewandte Kulturwissenschaften an der Uni Lüneburg.