Sein Weg führt ihn heute aus der Zelle in den Gerichtssaal. Genau denselben, in dem er bereits vor anderthalb Jahren gesessen hatte.

- Sein Weg führt ihn heute aus der Zelle in den Gerichtssaal. Genau denselben, in dem er bereits vor anderthalb Jahren gesessen hatte. Und auch an diesem Morgen wird Dr. Peter Huhle wieder auf der Anklagebank Platz nehmen. Dieses Mal wegen Abrechnungsbetrugs in fast 1000 Fällen. Beginn der Verhandlung ist um 9.15 Uhr in Saal 21 des Landgerichts.

Es ist nicht aufgegangen, das Lebenskonzept von Dr. Peter Huhle. Jahrelang führte der Orthopäde seine eigene Praxis auf dem Gelände des Städtischen Klinikums Lüneburg, als Arzt angesehen und erfolgreich. Doch spätestens, als seine Geliebte (und ehemalige Angestellte) ihn 2006 verließ, begannen die Dinge für Huhle aus der Bahn zu laufen.

Der verschmähte Liebhaber hatte zwar noch zwei weitere Frauen in seinem Leben: seine Ehefrau und eine regelmäßige Prostituierte. Doch dass seine langjährige Beziehung zu der dritten beendet sein sollte, wollte er nicht hinnehmen. Als seine Liebesschwüre, Drohungen und zahllosen Kontaktversuche nicht fruchteten, versuchte er einen anderen Weg - den des Retters, von dem sie sich Hilfe ersehnt. Am 26. Januar 2007 ließ er ihr Haus anzünden.

Davon waren die Richter nach monatelangem Verfahren im Oktober 2007 überzeugt, sie verurteilten den damals 53-Jährigen zu drei Jahren und sechs Monaten Haft wegen Brandstiftung. Jetzt sitzt Doktor Huhle zum zweiten Mal vor derselben Kammer. Weil er Operationen falsch abgerechnet haben soll: 982-mal, von Juli 2002 bis Februar 2007.

420-mal soll er als niedergelassener Orthopäde im Städtischen Klinikum Lüneburg operiert und das bei der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) abgerechnet haben, obwohl er das nicht gedurft hätte, weil er kein Belegarzt ist.

537-mal soll er ambulant in seiner Praxis operiert und ebenfalls über das Krankenhaus abgerechnet haben, obwohl er das direkt mit der KV hätte tun müssen. Interne Absprachen mit dem Klinikum hätten ermöglicht, die Patienten pro forma als Krankenhauspatienten aufzunehmen. Der Vorteil für Huhle laut Staatsanwaltschaft: Er konnte seine Leistungen außerhalb des gedeckelten Budgets abrechnen.

Der Orthopäde soll außerdem bei Eingriffen an der Wirbelsäule Thermosonden wiederholt verwendet haben, die als Einmalartikel vorgesehen sind. Der Schaden: 20 000 Euro. Zudem soll er seine Krankentagegeldversicherung in Anspruch genommen haben, obwohl er gearbeitet oder Urlaub gemacht habe. Der Schaden: 43 000 Euro.

Weil Huhle in 958 Fällen laut Staatsanwaltschaft "gemeinschaftlich mit dem Verwaltungschef des Städtischen Klinikums Lüneburg und dem Stadtkämmerer gehandelt" hat, sind diese wegen des Vorwurfs des gemeinschaftlichen Betruges ebenfalls angeklagt. Ob das Verfahren zur Hauptverhandlung kommt, steht allerdings noch aus.

Seine Zulassung als Arzt hat Huhle längst verloren, seine Praxis geschlossen. Mittlerweile ist auch das Insolvenzverfahren über sein Vermögen eröffnet worden.