Anwohner fordern nach Großbrand in Embsen Konsequenzen für die Recyclingfabrik - der Gewerbeaufsicht fehlt Rechtsgrundlage.

Embsen. Seit 1997 sammelt die Firma Zajons im Gewerbegebiet Lüneburg Süd bei Embsen (Samtgemeinde Ilmenau) Altpapier, alte Textilien und Materialien aus den gelben Säcken - um sie zu Ersatzbrennstoffen zu verarbeiten, wie es offiziell heißt. Die Beschwerden über die Firma reißen seither nicht ab: Anwohner beklagen sich über Geruchsbelästigungen, Plastikmüll fliege zeitweilig über nahe gelegene Felder, und schließlich gebe es auf dem Betriebsgelände immer wieder Brände.

Auch am 24. Mai rückten die Feuerwehren im südlichen Landkreis aus - diesmal war es zu einem Großbrand in einer Lagerhalle der Firma gekommen. Das benachbarte Schulzentrum musste evakuiert werden, die Anwohner saßen stundenlang bei geschlossenen Fenstern und Türen in ihren Wohnungen. Erst vier Tage später hatten die Feuerwehren den Brand endgültig gelöscht.

Mit den Folgen dieses Infernos auf dem Grundstück der Firma beschäftigte sich jetzt der Brand- und Katastrophenausschuss des Landkreises in öffentlicher Sitzung. Zahlreiche Zuhörer aus den Nachbargemeinden Melbeck und Embsen waren vor Ort, drängten massiv auf eine dauerhafte Lösung für die Probleme. Die Tatsache, dass man einmal mehr mit einem blauen Auge davon gekommen sei - Gutachter Thomas Bogon hatte sowohl das Wasser als auch den Boden sowie Wischproben vom Betriebsgrundstück im Labor auf Schadstoffe untersuchen lassen - beruhigte die Anwesenden keineswegs.

Das giftigste aller Gifte, das Dioxin, sei in keiner der ausgewerteten Proben in nennenswerter Konzentration gefunden wurden, erklärte Bogon. Dafür aber Schwermetalle und PAKs (polychlorierte aromatisierte Kohlenwasserstoffe), von denen einige als Krebs erregend gelten. Warum sich der Inhalt der gelben Säcke so schnell entzündet, erklärte Bogon ebenfalls. "In den Säcken finden sich auch Nahrungsreste, also organische Abfälle. Der Inhalt der Säcke beginnt zu verrotten, Hitze entwickelt sich", sagte Bogon.

+++ Großbrand in Recyclingfirma – Schulzentrum evakuiert +++

Oliver Opel, Umweltwissenschaftler an der Leuphana, hatte mit seinem Team auch Proben ausgewertet, die rund um das Betriebsgelände in den Gärten der Anwohner gesammelt worden waren. Aber auch er sah keine bedenklichen Konzentrationen von Schadstoffen. "Auch der Wert von Bisaphenol A, das ist der Weichmacher in Kunststoff, war unbedenklich. Von diesem Stoff nehmen Sie mehr auf, wenn Sie Ihr Mineralwasser dauernd aus Plastikflaschen trinken", sagte er.

Thomas Rowohlt (SPD), Ratsmitglied der Samtgemeinde Ilmenau beruhigte das alles nicht. "In den letzten Jahren haben die Brände bei Zajons dramatisch an Intensität zugenommen. Die Gemeinden Deutsch Evern, Häcklingen, Embsen und Melbeck sind bei entsprechender Windrichtung ebenso wie der Süden Lüneburgs massiv von Luftverschmutzungen durch diese Firma bedroht", sagte er. "Man weiß seit Jahrzehnten, dass sich auf Deponien schnell Brände entwickeln.

An einer korrekten Arbeitsweise der Firma Zajons gibt es bei den Nachbarn erhebliche Zweifel. In Embsen stinkt es den Menschen jedenfalls gewaltig, aber der Betrieb scheint sich nicht drum zu scheren, das ist jedenfalls das Gefühl der Betroffenen. Da könne es doch nicht so weitergehen, meinte Rowohlt unter dem lauten Beifall der Zuhörer im Saal. Das sei auch nicht das Ziel, entgegnete Manfred Nahrstedt (SPD). "Aber wir sind eine Behörde und an Recht und Gesetz gebunden", sagte der Landrat - und eine Rechtsgrundlage für die Schließung des Betriebes aufgrund der derzeitigen Entwicklung gebe es nicht, bestätigte Christina von Mirbach, stellvertretende Leiterin des Gewerbeaufsichtsamtes in Lüneburg. Die Zuhörer verlangten dennoch ein aktiveres Vorgehen: Eine Prüfung der Zuverlässigkeit des Betreibers, Auflagen, damit der Müll nicht mehr in großen Mengen unter freiem Himmel lagert, neue Belüftungssysteme gegen den Gestank. Und der Frage, ob die Videoüberwachung des Mülls durch die Firma Zajons überhaupt funktioniere, müsse nachgegangen werden, meinte Carola Hennings, Vorsitzendes der Bürgerinitiative "Blauer Himmel über Ilmenau". "Es liegen eine Reihe von Vorschlägen auf dem Tisch, wir werden sie prüfen", versprach der Landrat.

+++ Gutachten zum Großbrand bei Zajons wird vorgestellt +++

Das eigentliche Problem, stellte schließlich ein Anwohner am Rand der Versammlung fest, liege doch anderswo: "Die Flut von Plastikverpackungen in den Supermärkten muss endlich eingedämmt werden. Es kommt zu viel Müll aus den Haushalten, und der ist gefährlich. Wir in Embsen und Melbeck halten für den massenhaften Verbrauch von Plastik den Kopf hin."