Auf einer ehemaligen Deponie entsteht die größte Solaranlage der gesamten Region. Sie soll Ende Juni mit 2,7 Megawatt in Betrieb gehen.

Bardowick. Vom obersten Punkt des 54 Meter hohen Hügels auf der ehemaligen Deponie der Gesellschaft für Abfallwirtschaft (GfA) ist das knapp 15 Kilometern Luftlinie entfernt liegende, abgeschaltete Kernkraftwerk Krümmel gut zu sehen. Auf dem Bardowicker Berg, unter dem Müll aus den 50er-Jahren begraben ist, wird dagegen die Zukunft der Energieerzeugung sichtbar. Dort entsteht derzeit das größte Sonnenkraftwerk im Landkreis Lüneburg - eine Photovoltaikanlage mit einer Leistung von bis zu 2,7 Megawatt.

Die Anlage, in die knapp fünf Millionen Euro investiert werden, soll Ende Juni in Betrieb gehen. Bei einem Ortstermin stellten die Betreiber am Freitag das Projekt vor. Im Vortragssaal der GfA-Verwaltung berichtete Erich Tetgemeyer von den Baufortschritten auf der 18 000 Quadratmeter großen, bisher ungenutzten Fläche mit einem günstigen Neigungswinkel von rund 20 Grad und Südlage. "Wir konnten so planen, wie es sonst nur für Dachanlagen üblich ist", sagte der Bereichsleiter für Stoffstrom-Management bei der GfA. Auf Freiflächen gibt es normalerweise Probleme mit Schattenwürfen auf die jeweils hinteren Module.

Wie das halbfertige Konstrukt von riesigen blau schimmernden Platten auf dem Hang des unbepflanzten Berges aussieht, zeigte Ingenieurin Katja Richter den knapp 20 Besuchern bei einer Führung vorbei an Bauarbeitern, die derzeit die 11 264 Module auf Schienen montieren. Jedes Modul soll künftig eine Leistung von jeweils 240 Watt erzeugen. Die Photovoltaikanlage soll jährlich 1650 Tonnen CO2 einsparen. "Ich stehe hinter diesem Projekt", sagt die Ingenieurin, die nach eigener Aussage auch privat Solarthermie und Ökostrom nutzt.

Mit der neuen Bardowicker Anlage schafft die Region einen weiteren Schritt hin zur Versorgung mit erneuerbaren Energien. Die aktuell mehr als 330 auf kleine und große Dach- und Freiflächen auf dem Gebiet der Stadt Lüneburg verteilten Solaranlagen kommen auf eine Leistung von rund sechs Megawatt, schätzt Tomas Biermann-Kojnov, Vorsitzender des Vereins SunOn Sonnenkraftwerke. Kreisweiter Spitzenreiter ist bislang die Solaranlage in Embsen mit einer Leistung von rund 1,3 Megawatt.

"Im gesamten Landkreis Lüneburg war Ende vorigen Jahres eine Leistung von rund 25 Megawatt installiert", sagt Biermann-Kojnov. Mit den neuen Großanlagen in Bardowick sowie der "Zukunftsgenossen" bei Holz-Herbst im Lüneburger Gewerbegebiet Goseburg werden es demnächst rund 30 Megawatt sein. Biermann-Kojnov hat für seine Solarstatistik die Angaben des in Lüneburg zuständigen Grundversorgers E.on Avacon um Zahlen kleinerer Regionalanbieter ergänzt, darunter die Energieversorgung Dahlenburg-Bleckede und Wemag, die das Stromnetz in weiten Teilen Mecklenburg-Vorpommerns sowie im Amt Neuhaus betreibt.

"Vor allem dank der großen Windkraftanlagen im Osten des Landkreises Lüneburg, aber auch wegen der laufend steigenden Zahl von Solaranlagen, kommen inzwischen mehr als 40 Prozent des Stroms im Kreisgebiet aus erneuerbaren Energien", sagt Biermann-Kojnov. In hohem Maße dazu beigetragen habe der verstärkte Ausbau auf Privatdächern, insbesondere auf dem Gebiet der Stadt Lüneburg.

Finanziell unterstützt wird der Bau von Solarthermie-, Photovoltaik- und Erdwärme-Anlagen dort durch das kommunale Förderprogramm erneuerbarer Energien. Antragsteller sind in diesem Fall nicht die Hausbauer oder -besitzer sondern die ausführenden Handwerksbetriebe.

Mit dem aktuellen Leistungsstand der Lüneburger Photovoltaikanlagen ist das Ziel weit übererfüllt. "Ich bin selbst ein wenig überrascht", sagt Biermann-Kojnov. "Dass es so gut klappt, hat niemand vorhersehen können."

Der Erfolg auf lokaler Ebene genügt dem Lüneburger nicht. An die 16 Ministerpräsidenten in Deutschland richtete er in der vergangenen Woche einen Offenen Brief. Darin forderte er sie auf, die Pläne von Bundesumweltminister Norbert Röttgen zur Kürzung der Solarförderung im Bundesrat zu stoppen. Biermann-Kojnov: "Der Ausbau der Photovoltaik darf jetzt nicht durch zerstörerische Eingriffe der Bundesregierung behindert werden. Zusätzlicher Solarstrom bringt Wirtschaft und Gesellschaft mehr als er kostet."

Der künftig aus der Kraft der Sonne über Bardowick erzeugte Strom wird in das Energienetz der E.on Avacon eingespeist. Dazu wurde eine zwei Kilometer lange Leitung nach Brietlingen gelegt. Auf dem GfA-Grundstück am Adendorfer Weg werden bereits heute etwa acht Megawatt Strom produziert, der nicht nur für den Abfallbetrieb verwendet wird. Die GfA betreibt selbst ein Blockheizkraftwerk mit Deponiegasen.

Die derzeit entstehende Freiflächenanlage ist Bestandteil des Geschlossenen Fonds "Solarenergie 3 Deutschland" der Hamburger Beteiligungsgesellschaft Neitzel & Cie.