Das Geschenk, das nicht jeden erfreut, war jetzt Thema einer Bürgerversammlung

Lüneburg. Nur 30 Bürger waren der Einladung der Stadt zur Bürgerversammlung in der Industrie- und Handelskammer (IHK) gefolgt: Beschäftigen wollte man sich mit dem geplanten Bau eines Brunnens, den der Verein Lüneburger Kaufleute den Bürgern anlässlich des 100-jährigen Bestehens des Vereins schenken möchte. 143 000 Euro an Spenden hat der Verein bereits eingeworben - 160 000 Euro soll der Brunnen kosten. Unterhalten wird ihn die Stadt aus eigenen Mitteln - rund 10 000 Euro veranschlagt sie dafür pro Jahr. Gespeist werden soll der Brunnen mit Trinkwasser.

Über die Güte des geplanten Geschenks tobt seit Wochen eine Diskussion: In städtischen Ausschüssen und im Stadtrat wurde der Entwurf vorgestellt, in der Öffentlichkeit ausführlich geschmäht - dennoch fanden sich nur noch wenige, dafür aber beharrliche Kritiker des Projekts in der IHK ein.

Der Brunnen in seiner geplanten Form sei ästhetisch schauderhaft, befand eine Zuhörerin. Die Skulptur erinnere an die Kunst des sozialistischen Realismus, wie sie in der ehemaligen DDR gepflegt worden sei. "Der Platz Am Sande braucht keinen Brunnen", meinte sie - und wenn doch, dann etwas Kleineres, weniger Auffälliges. Ob denn der Denkmalschutz keine Einwände gegen diesen Standort für die immerhin 3.50 Meter hohe Skulptur gehabt habe, wollte sie wissen.

Nein, die hatte er nicht. "Das Projekt und sein Standort sind zwischen den Jahren 1996 und 2000 intensiv diskutiert worden. Immer wieder ist der Wunsch nach einem Brunnen auf dem Sande an die Stadt herangetragen worden. Deshalb gab es ja überhaupt den Wettbewerb, der diesen Entwurf prämiert hat", sagte Oberbürgermeister Ulrich Mädge.

Auch die Künstlerin, Doris Waschk-Balz aus Hamburg, verteidigte ihren Entwurf. "Im Vergleich zu der Fassade dahinter ist der Brunnen eher fragil und klein", sagte sie. Um eine historische korrekte Darstellung eines Grapengießers - der mit Schöpfkelle oben auf dem Brunnen thronen soll - sei es ihr gar nicht gegangen. "Mich interessieren die Beziehungen aller Figuren auf dem Brunnen zueinander", sagte Waschk-Balz, die den Entwurf für ihren Wettbewerbsbeitrag noch einmal überarbeitet hat.

Wasser in der Stadt ziehe Kinder magisch an, der Brunnen werde zu einem Treffpunkt in der Innenstadt werden, meinten Befürworter des Projekts. "Dafür brauchen wir keinen Brunnen", hielt ein Zuhörer dem entgegen - der Sande sei schon jetzt viel frequentierter Treffpunkt. "Das, was derzeit an moderner Kunst in unserer Innenstadt zu sehen ist, ist einfach abscheulich", resümierte eine der Zuhörerinnen. Ulrich Mädge bot an, unter Beteiligung des Bundes bildender Künstler nach den Hansetagen eine Podiumsdiskussion zum Thema Kunst im Straßenraum zu führen - mit allen, die Interesse am Thema haben.