SPD reagiert auf Rücktritt von Kamila Pienkos von ihrem Amt als Vorsitzende der Jugendorganisation. Lüneburger Politiker äußern sich zu ihrem Entschluss.

Lüneburg. Mit harschen Vorwürfen gegen die Lüneburger SPD ist die ehemalige Lüneburger Juso-Vorsitzende Kamila Pienkos vor einer Woche aus ihrer Partei ausgetreten. Von Mobbing war die Rede, von Mauschelei, von mangelnder Sensibilität gegenüber den Themen Rechtsradikalität und Transparenz. Nun haben sich Lüneburger Politiker zu dem Entschluss Pienkos geäußert.

Recht nachdenkliche Töne schlägt die SPD-Ortsvereinsvorsitzende Hiltrud Lotze an. Ein Parteiaustritt sei immer ein Anlass zu reflektieren: "Machen wir alles richtig?" Vehement bestreitet Lotze den in Pienkos' Stellungnahme erhobenen Vorwurf, der Fraktionsvorstand würde seine Meinung gegen den Willen der Basis "durchdrücken, indem den Leuten Honig ums Maul geschmiert wird" (Pienkos). Lotze: "Natürlich sprechen wir im kleinen Kreis Entscheidungen ab, das ist unsere Pflicht als Vorstand. Aber wir verabschieden nichts im Hinterzimmer, sondern wir bereiten etwas vor und geben es dann in den demokratischen Prozess." Auch die Andeutung Pienkos', die SPD-Fraktionsvorsitzenden klebten an ihren Stühlen, weist Lotze zurück: "Wir sind alle auf einer für alle Mitglieder öffentlichen Sitzung in einer geheimen Wahl gewählt worden."

Apropos Wahl: Bei der nächsten Kommunalwahl soll auf jeder der vier SPD-Listen ein Juso-Vertreter auf den ersten drei Plätzen zu finden sein - "darauf werden wir streng achten", so Lotze. Sie bestreitet, dass die ehemalige Juso-Vorsitzende deshalb auf Listenplatz 11 von 14 gelandet ist, weil sie zu kritisch sei, wie Pienkos selbst vermutet. "Kamila Pienkos ist sehr spät auf mich zugekommen und hat erklärt, dass sie kandidieren möchte. Da stand die Liste schon weitgehend fest." Zu einem früheren Zeitpunkt habe die damalige Juso-Vorsitzende Eva Köhler erklärt, es gebe keine Juso-Kandidaten für die Wahlliste.

Lotze vermutet: "Erwartung und Realität haben nicht übereinander gepasst." Es sei sicher desillusionierend für Pienkos gewesen, den politischen Alltag kennenzulernen. "Wir beschäftigen uns hier nun mal mit den Niederungen der Kommunalpolitik - dazu gehören auch Diskussionen über Gullydeckel." Man dürfe es nicht persönlich nehmen, wenn eine Idee nicht sofort von allen im Rat begeistert aufgenommen wird. "Vielleicht muss man sich beim nächsten Mal besser vorbereiten, vielleicht braucht man schärfere Argumente. Auf jeden Fall braucht man einen langen Atem."

+++ Juso-Vorsitzende Kamila Pienkos tritt aus SPD aus +++

Das bestätigt Eva Köhler, Bürgermeisterin von Bardowick und Vorgängerin von Kamila Pienkos als Juso-Vorsitzende. "Man darf nicht erwarten, dass sofort alles umgesetzt werden kann. Das ist ein sehr langer Prozess, man muss viel miteinander sprechen." Das gelte nicht nur für die Jusos, sondern für alle SPD-Mitglieder. Dass es in Lüneburg parteiinterne Strukturen gebe, die den Jusos die Arbeit erschweren, kann sie nicht bestätigen.

Das sieht Torbjörn Bartels, Chef der Lüneburger Piraten, anders: "Ich kann Kamila Pienkos' Aussagen nachvollziehen. Ich bin aus genau demselben Grund vor drei Jahren aus der SPD ausgetreten."

André Kleine-Möller, Kreisvorsitzender der Jungen Union, sieht die Ursache für die Differenzen zwischen der Juso-Vorsitzenden und der SPD woanders: "Konflikte zwischen Jüngeren und Älteren gibt es überall. Im Gegensatz zu ihrer Vorgängerin Eva Köhler fehlten Kamila Pienkos Durchhaltevermögen und Kompromissbereitschaft." Er bezweifelt, dass eine "derart dramatisch und medial inszenierter Rücktritt" zielführend ist. "Pienkos hinterlässt einen Scherbenhaufen. Ihr Nachfolger muss viel Arbeit investieren, wenn er das Verhältnis zwischen Mutterpartei und Jusos nachhaltig erbessern will."

Hiltrud Lotze zeigt sich versöhnlich. "Frisch, manchmal vielleicht etwas unkonventionell" sei der Stil Kamila Pienkos' gewesen. "Genau das brauchen und wollen wir auch: junge und kritische Stimmen." Allerdings seien einige Ratsmitglieder "nicht glücklich" über die offene Art, mit der Pienkos ihre Kritik an der eigenen Partei auf Facebook kommuniziert habe.

Kamila Pienkos bleibt bei ihrer Kritik. Unzufrieden war sie zum Beispiel mit den Reaktionen der Lüneburger SPD auf den Juso-Antrag, einen Beauftragten für Rechtsextremismus zu ernennen. "Es hieß, es gebe kein Geld und man könne ja auch niemanden zwingen, dieses Amt zu übernehmen", sagt Pienkos. Der Antrag sei förmlich "zerfetzt" worden.

Lotze sieht das anders. "Das Thema war nie vom Tisch", sagt sie, "es war nur damals so spontan nicht umsetzbar." Kamila Pienkos macht diese Aussage "sprachlos". "Das stimmt nicht", sagt sie, "es wurde gar nicht erst darüber diskutiert. Wir haben auch nie verlangt, dass ein solcher Beauftragter sofort benannt wird. Wir wollten lediglich hören, dass das eine gute Idee ist."