Seit 23 Jahren lädt das Wendland im Mai zur Landpartie, auch aus Protest gegen Atomkraft. Am 17. Mai gehen die Veranstaltungen los.

Wendland. Thomas Hagelstein ist einer von denen, die das bunte Treiben bei der Kulturellen Landpartie (KLP) im Wendland erst möglich machen. Er gehört dem Organisationsteam an, für ihn geht die Veranstaltung jetzt in die heiße Phase: Ab Donnerstag, den 17. Mai, bis zum Pfingstmontag, den 28. Mai, wird das ganze Wendland zu einer riesigen Bühne. Auf den Höfen, in Scheunen, auf Wiesen und im Stall wird dann Theater gespielt, Kunsthandwerk gezeigt, vorgelesen und musiziert - aber darum geht es nicht allein, das ist Thomas Hagelstein wichtig.

"Das Ganze ist auch eine politische Veranstaltung", sagt er. Seit 23 Jahren protestieren die Menschen im Wendland gegen die Atomkraft und ihre Folgen, gegen das Zwischenlager Gorleben, gegen die Castor-Transporte. "Das ist unser Thema, deshalb gibt es uns überhaupt. Teilnehmen kann auf Seiten des Veranstalters nur, wer sich mit unseren Zielen identifiziert", sagt Hagelstein. Und wer ein Plätzchen für seine Teilnahme findet.

Rund 600 Aussteller, Künstler und Kunsthandwerker sind es in diesem Jahr, die für zwei Wochen aus dem Landkreis Lüchow-Dannenberg eine fröhliche Kulturmeile machen. Wer aktiv als Aussteller dabei sein will, braucht eine Einladung zu einem der "Wunde.r.punkte" - so heißen die jeweiligen Veranstaltungsorte, die ab Mitte Mai von Tausenden von Besuchern werden überflutet werden.

"Wo ist aus einer Protestbewegung schon einmal so etwas Großes geworden?", fragt Thomas Hagelstein, der stolz ist auf das, was man nach 23 Jahren vorweisen kann, auch wenn er sich der Probleme bewusst ist. "Die einen sagen, wir sind schon zu groß. Das Ganze verwässert, wir passen uns zu sehr den Konsumwünschen der Besucher an. Die anderen sagen, wir können noch größer werden, je mehr Menschen wir erreichen, desto besser." Zwischen diesen beiden Punkten schwankt die Diskussion im so genannten Plenum der KLP, dem Gremium, in dem über alles debattiert wird.

Jeder kann sich dort aktiv einbringen. "Wir sind basisdemokratisch organisiert", sagt Hagelstein - auch wenn das manchmal Ausdauer erfordert, so hat es sich doch bewährt. Als Erfolgsmodell sieht auch Irmhild Schwarz die KLP - die in dem kleinen Ort Kröte lebende Künstlerin hat die KLP mit aus der Taufe gehoben und prägt mit ihren Illustrationen bis heute das Gesicht der Landpartie. Sie gestaltet den so genannten "Reisebegleiter", das gedruckte Veranstaltungsprogramm. Während der KLP wird ihr Dorf zu einer einzigen Galerie: Die Bewohner öffnen ihre Scheunen und Ställe, die Tenne und die Dielen ihrer alten Bauernhöfe, damit bildende Künstler dort ihre Objekte und Bilder ausstellen können.

"Wunderkammern" ist der Titel der Ausstellung, die der kleine Verein "KVAK e.V" unter Leitung von Irmhild Schwarz in diesem Jahr zeigt. Orte des Staunens soll der Besucher erleben - doch auch Irmhild Schwarz ist bewusst, dass die KLP durch Wachstum irgendwann unübersichtlich werden und ihren Charakter verlieren könnte. Sie sieht es entspannt. "Wir wachsen ja nicht ins überdimensionale. Und im Übrigen: Gegen Trittbrettfahrer kann man wenig tun", sagt sie. Wer nach Kröte reist, bekommt in jedem Fall hochwertige Gegenwartskunst zu sehen. "Ich denke, auch unser Publikum erkennt die Qualität", sagt sie.

Ein bisschen weniger wäre mehr, meint dagegen Heinz Laing, Hotelier aus Salderatzen. Seit vielen Jahren veranstaltet er während der KLP Kultur rund um sein Hotel, das Salderatzener "Herrenhaus" - und kümmert sich um die Organisation seiner Veranstaltungen schon jeweils im Spätsommer des Jahres. Bis Weihnachten muss das Programm stehen, denn im Januar beginnen die Arbeiten für den "Reisebegleiter". Der ist mittlerweile ein kleines Taschenbuch geworden, ein Programmheft mit 300 Seiten.

"In den Reisebegleiter muss man sich inzwischen richtiggehend einarbeiten. Überfüttern sollte man die Leute doch aber auch nicht", sagt er. Die KLP sei ein Besuchermagnet mit ganz eigenem Charme. "Aber es besteht die Gefahr, dass das Ganze zum Jahrmarkt wird, auch durch die Trittbrettfahrer. Man sollte die Zahl der Ausstellungsorte begrenzen", sagt er.

Genau auswählen und die Tour von vorneherein auf drei bis vier Veranstaltungsorte begrenzen, das empfiehlt Thomas Hagelstein: "Lieber in Ruhe genießen, da haben alle mehr davon."

www.kulturelle-landpartie.de