Gute Erlöse bei der Altpapierentsorgung machen geringere Abgabe möglich, sie sinkt um 7,5 Prozent. Einführung der Wertstofftonne fraglich.

Lüneburg. Die Müllgebühren im Landkreis Lüneburg sinken zum 1. Juli um durchschnittlich 7,5 Prozent. Das hat der Kreistag beschlossen. Damit entlastet der Kreis die Bürger wieder etwas, nachdem die Müllgebühren 2010 um satte 30 Prozent angehoben worden waren. In der Stadt bleibt die Abgabe in diesem Jahr unverändert. "Weil wir zu einem anderen Zeitpunkt abrechnen als der Landkreis. Wir kalkulieren jeweils im Dezember für das folgende Jahr", so Stadtsprecher Daniel Steinmeier. Mit einer weiteren Abfalltonne vor der Haustür müssen die Bürger ab 2015 rechnen. Die Bundesregierung plant die Einführung einer Wertstofftonne unter anderem für Verpackungsreste.

Grund für die drastische Erhöhung der Müllgebühren um 30 Prozent im Kreis und 17 Prozent in der Stadt war die finanzielle Schieflage der stadt- und kreiseigenen Gesellschaft für Abfallwirtschaft (GfA), die vor allem wegen der Einbrüche bei den Erlösen aus der Altpapiervermarktung zustande gekommen war. "Inzwischen geht es der GfA wirtschaftlich wieder deutlich besser, sodass der Landkreis weniger an sie zahlen muss und deshalb auch die Gebühren senken kann", sagt Kreisrätin Monika Scherf.

Der Gesetzgeber gibt vor, dass Überschüsse bei der Müllentsorgung an die Bürger zurückgegeben werden müssen. "Wir machen das moderat mit 7,5 Prozent in diesem Jahr", so Scherf. Spätestens 2012 wäre eine Absenkung ohnehin fällig gewesen. "Damit wir nicht radikal senken müssen, weil sich bis dahin ein Überschuss von 800 000 Euro ansammeln würde, beginnen wir schon jetzt."

Die Verringerung der Abgaben sei kein Wahlgeschenk vor den Kommunalwahlen am 11. September, sondern eine wirtschaftliche Entscheidung, sagt der Kreistagsabgeordnete Manfred Harms (CDU), der dem GfA-Aufsichtsrat angehört. Ein Vier-Personen-Haushalt kann ihm zufolge mit einer Entlastung von 1,10 Euro pro Monat rechnen. Herbert Meyn (SPD), ebenfalls im Aufsichtsrat, sagt, die Einführung der blauen Tonne habe zu dieser positiven Entwicklung beigetragen. "Die Übernahme der Altpapierentsorgung war richtig", so Meyn.

Seitdem das Oberlandesgericht Celle im Herbst 2009 den Vertrag zwischen dem Landkreis und der GfA über die Abholung der blauen Altpapiertonnen für rechtswidrig erklärt hatte, sammelt der Kreis das Altpapier selber ein. Er mietet Fahrzeuge und die blauen Tonnen von der GfA.

Der Preis für den Rohstoff befinde sich nach dem Absturz 2008 während der Weltwirtschaftskrise zurzeit auf einem Höhenflug, so Jörg Lacher, Sprecher des Bundesverbandes für Sekundärrohstoffe und Entsorgung in Bonn. Der Verband vertritt die privaten Entsorger. "Wie alle Rohstoffe ist aber auch das Altpapier, das international gehandelt wird, auf dem Markt starken Nachfrage- und Preisschwankungen ausgesetzt", sagt er. Das berge das Risiko, dass Verbraucher ständig mit schwankenden Gebühren rechnen müssten, wenn - wie im Kreis Lüneburg - Kommunen das Altpapiergeschäft alleine betreiben.

Er plädiert für eine Zusammenarbeit von öffentlichen und kommunalen Unternehmen. "Davon profitieren beide. Wenn auch in Hochpreiszeiten wie jetzt der Gewinn für Kommunen geringer ausfällt, so sinkt doch das Risiko des totalen Absturzes wie im klassischen Fall bei der GfA und sorgt so für stabile Müllgebühren", sagt Lacher.

Das sieht Kreisrätin Scherf nicht so. "Ich rechne nicht damit, dass sich Schwankungen bei den Gebühren künftig wieder stark bemerkbar machen", sagt sie. Zumal Stadt und Landkreis bestrebt sind, die GfA in eine Anstalt öffentlichen Rechts umzuwandeln. In dieser Rechtsform dürfte sie alles in einer Hand halten: Gebührenkalkulation, Aufstellen und Leeren der blauen Tonnen und Vermarktung des Altpapiers. Stadt- und Kreistag müssten die Gebühren genehmigen.

"Weil wir den Rohstofffluss in kommunaler Hand behalten wollen, sind wir für eine Rekommunalisierung der Abfallentsorgung. Die Zusammenarbeit mit einem privaten Unternehmen ist für uns keine Option", so Scherf. Das gelte nach Möglichkeit auch für die von der Bundesregierung geplante Einführung der Wertstofftonne.

"Kommunen als Deponiebetreiber benötigen die Stoffmengen, weil sie ihre Deponien auf bestimmte Müllmengen ausgerichtet haben, um wirtschaftlich arbeiten zu können." Dafür wurde laut Scherf in der Vergangenheit seitens vieler Kommunen kräftig investiert wie von Stadt und Landkreis in die von der GfA betriebene Zentraldeponie in Bardowick.

Ob die Bürger in Stadt und Kreis ab 2015 tatsächlich eine Wertstofftonne vor die Tür gestellt bekommen, steht noch nicht fest. Das Bundesumweltministerium ist mit seinem Gesetzentwurf noch nicht so weit.