Forscher wollen wissen, wie lange die Tiere benötigen, um die Aufstiegshilfen am Geesthachter Wehr zu finden.

Lüneburg. Vorsicht bei zu herzhaftem Biss in frischen Fisch aus der Elbe. Es könnte zwischen den Zähnen knirschen und splittern. Denn mehr als 1000 Speisefische, die in der Elbe von der Nordsee flussaufwärts schwimmen, tragen Transponder in ihren Körpern. Die kleinen Funk- und Kommunikationsgeräte im Gewebe sind ungefähr so groß wie Streichhölzer und sollen der Wissenschaft dabei helfen, das geheimnisvolle Leben der Fische unter Wasser zu ergründen.

Die Transponder haben einen Eisenkern mit einem Chip darauf, umwickelt mit einer Spule aus Kupferdraht. Die Sende- und Empfangsapparate im Miniformat bestehen außen aus sogenanntem medizinischen Glas. "Der Biss auf einen Transponder ist ungefährlich", sagt Dr. Beate Adam vom Institut für angewandte Ökologie in Kirtorf-Wahlen im Vogelsbergkreis (Hessen).

Sie und ihre Kollegen haben die Fische mit den Transpondern ausgestattet. Im Auftrag des Energiekonzerns Vattenfall Europe AG erforschen sie das Fischaufstiegsverhalten an der Staustufe in Geesthacht. Denn Vattenfall baut neben der bereits vorhandenen am Südufer eine zweite, größere Fischtreppe am Nordufer des Wehres als Kompensation für die Kühlwasserentnahme des geplanten Kohlekraftwerks in Hamburg-Moorburg.

Dafür sollen Wanderverhalten und Aktionsradius der Elbfische erforscht werden. "Um beispielsweise herauszufinden, wie lange die Tiere brauchen, um eine Aufstiegshilfe zu finden und welche der beiden in Geesthacht sie bevorzugen", so Adam. Antennen, die an den Aufstiegshilfen positioniert wurden, orten die Signale der Transponder.

Fische unterschiedlicher Arten mit einer Länge von mehr als 40 Zentimeter wie etwa Flussneunaugen und Graskarpfen seien zwei Kilometer unterhalb des Geesthachter Wehres im Hafen des Elbmarschdorfes Stove gefangen, mit Transpondern versehen und wieder im Wasser ausgesetzt worden, berichtet sie.

Die Markierung der Fische sei von den Ländern Niedersachsen und Schleswig-Holstein tierschutzrechtlich genehmigt worden, die winzigen Apparate seien unter Narkose, sterilen Bedingungen schnell und schonend implantiert worden. "Wir halten uns streng an die Auflagen des Tierschutzgesetzes. Die Technik ist die gleiche wie beim Chippen von Hunden, Katzen und Zootieren", sagt sie. Jeder Fisch-Transponder hat einen eigenen und unverwechselbaren Nummerncode: "Das ist wie ein Personalausweis für Fische. Sie tragen ihre Nummer bis zu ihrem Tod am Körper und können sich so ,ausweisen'. Und so ein Fischleben kann lang sein, ein Karpfen zum Beispiel bis zu 100 Jahre alt werden."

Weil sich die Tiere im Fluss schlecht beobachten lassen und ihr Leben unter Wasser kaum zu verfolgen ist, kommen die Transponder als neue Technik zum Einsatz. "Es gibt nicht viel, mit dem Fische beobachtet werden können. Die Arbeit mit Reusen wäre unseren Anforderungen nicht gerecht geworden. Denn damit lassen sich nur die Daten von gefangenen Fischen ermitteln, nicht aber von denen, die weiterhin in der Elbe schwimmen." Die Transponder als Detektionssystem für Fische seien erstmals in den USA und in Frankreich verwendet worden, sagt Adam.

Sollten Angler oder Fischer Transponder beim Ausnehmen von Fischen aus der Elbe finden, bittet Beate Adam darum, die kleinen Geräte mit Ort und Datum des Fanges an das Institut für angewandte Ökologie, Neustädter Weg 25 in 36320 Kirtorf-Wahlen, zu schicken. Es winkt ein Finderlohn von 20 Euro. "Wir möchten die Transponder zurück haben, weil sie für die Wissenschaft wichtige Informationen bereithalten, um den Lebensweg der Fische zu verfolgen." Die Zufallsfunde von Anglern und Fischern tragen nach ihren Worten dazu bei, um sich ein Bild davon zu machen. "Denn bisher wissen wir nicht viel darüber, wie sich das Leben der Fische unter Wasser abspielt."