Gemeinschaftsschule: Mehr Zeit bis zum Abitur

Eltern und Schüler müssen sich erneut auf ein neues Modell einstellen. Nach der Schulreform von 2010 führt Schleswig-Holstein jetzt per Landesbeschluss das zweigliedrige Schulsystem ein. Alle Regionalschulen werden zum neuen Schuljahr im August in Gemeinschaftsschulen umgewandelt - auch die Regionalschule Wentorf. Was sich nun für die Familien ändert, weiß die kommissarische Schulleiterin Karin Beate Heidrich-Johns.

Trotz der bevorstehenden Aufgabe, begreift sie die Reform mehr als Chance, denn als Kraftakt. "Die Schüler bekommen endlich mehr Zeit bis zum Abitur", sagt Heidrich-Johns. Bislang habe sie viele "Rückläufer" aufnehmen müssen, die dem Druck auf dem Gymnasium nicht standhielten. "Die Eltern waren völlig verzweifelt, weil ihr Kind ausgebrannt war. Viele sind erleichtert, seit sie vom neuen Schulgesetz wissen."

Neben dem viel kritisierten "G8-Abitur" am Gymnasium gibt es mit der Gemeinschaftsschule, die alle drei Schulzweige vereint, in Wentorf das Abitur künftig auch nach 13 Jahren. Dabei sollen die Lehrer Wert auf "binnendifferenziertes Lernen" legen. Das bedeutet: Lehrer sollen fachübergreifender unterrichten, die Schüler dürfen dabei individuelle Schwerpunkte setzen und in ihrem eigenen Tempo arbeiten. So werden etwa die Naturwissenschaften Biologie, Physik und Chemie zusammengelegt und im Fach "NaWi" unterrichtet.

Eine weitere Veränderung birgt die Durchmischung der Klassen: Diese sind nicht in Haupt-, Real- und Gymnasialschüler aufgeteilt, die Schüler werden gemeinsam unterrichtet. "Auf diese Weise lernen sie voneinander. Und Vorurteile gegenüber schlechteren Schülern werden abgebaut", sagt Heidrich-Johns.

Für ihre Schule ist immerhin das keine Umstellung mehr: Die Schule hatte bereits nach der Schulreform 2010 entschieden, die Klassen zu mischen. "Das Prinzip hat sich bei uns bewährt", sagt Heidrich-Johns. Eine Herausforderung aber sei es, die verschiedenen Leistungsniveaus unter einen Hut zu bringen - und deren Benotung. Denn nur in den Hauptfächern Deutsch, Mathe und Englisch soll es getrennte Kurse mit verschiedenen Lernniveaus geben.

Die wahre Mammut-Aufgabe steht nun den Lehrern bevor: Die Umwandlung zur Gemeinschaftsschule betrifft nur die neuen Fünftklässler, die in diesem Sommer eingeschult werden. Die jetzigen 463 Schüler müssen die Lehrer weiterhin im Modell Regionalschule unterrichten. Hinzu kommen jene Klassen, die aus der Zeit vor der Schulreform 2010 stammen und noch regulär im Hauptschul- oder im Realschulzweig lernen. "Wir sind Veränderungen gewöhnt, das bekommen wir hin", sagt Heidrich-Johns - und nimmt es gelassen.

Viel wichtiger sei die Frage nach dem Standort der gymnasialen Oberstufe. Offen ist noch, ob die Gemeinschaftsschule Mühlenredder in Reinbek oder die Noch-Regionalschule Wentorf diese künftig stellt. Nur gemeinsam haben die Einrichtungen genug Schüler, um den Bedarf einer gymnasialen Oberstufe überhaupt zu rechtfertigen. Einigen müssen sich darauf jetzt die Politiker der Gemeinden.