Prüfung: Für neue Erschließung müssten Anlieger mehr zahlen

Schlaglöcher, fehlende Gehwege oder Bordsteine, Wellen und Löcher im Asphalt. So kennen die Anwohner des Bergedorfer Weges ihre Straße. Spätestens seit 1787 schlängelte sich in ihrem Verlauf ein Weg nach Bergedorf. Jetzt stellt sich heraus: Möglicherweise ist sie nie als Straße erschlossen worden und deshalb müssen die Eigentümer 90 Prozent ihrer Erneuerung zahlen.

Denn eine Reparatur der Fahrbahn im Sommer hat ergeben, dass unter dem Asphalt keinerlei Straßenunterbau oder -befestigung liegt. "Dort liegt nur Sand unter dem Asphalt, null Untergrund", sagt Bürgermeister Matthias Heidelberg. Auch einen Regenabwasserkanal gebe es dort nicht, sagt Christiane Schabert, Tiefbau-Ingenieurin der Verwaltung. Damit müsste der Bergedorfer Weg nicht ausgebaut, sondern vollkommen neu erschlossen werden.

"Demnach gilt hier das Baugesetzbuch: Folglich sind 90 Prozent der Kosten auf die Grundstückseigentümer umlegbar", stellte der Verwaltungsrechtler Prof. Marcus Arndt vor dem Liegenschaftsausschuss fest. Er überprüft derzeit noch im Auftrag der Gemeinde die Rechtslage. Ende November soll sein Gutachten fertig sein. Das Baugesetzbuch würde die Eigentümer zu 90 Prozent an den Erschließungskosten beteiligen, bei der Straßenbaubeitragssatzung würden sie mit 53 Prozent davonkommen.

Allerdings hat das Baugesetzbuch erst seit 1961 Gültigkeit. Es legt fest, dass Straßen Gehwege und auf der gesamten Straßenlänge eine Entwässerung haben müssen. Nicht beitragsfähig sind laut Arndt Straßen, die älter sind als das Baugesetzbuch - es sei denn, schon vorher haben geltende Gesetze etwas anderes besagt.

Hier kommen die historischen Gesetze ins Spiel: Der Verwaltungsrechtler wies darauf hin, dass schon laut Wentorfer Ortstatut im Rahmen des preußischem Fluchtliniengesetzes von 1875 Straßen einen befestigten Gehweg und eine Straßenentwässerung haben mussten. Auf seiner Kopie fehlt jedoch noch die Unterschrift unter dem Statut.

Nun sind die historischen Talente des Fachanwalts gefragt: Gibt es noch ein unterzeichnetes Statut? Kann der Bergedorfer Weg nach historischem Maßstab schon vor 1875 als "Straße" gegolten haben? Von Geschichtsstudenten bearbeitete Wentorfer Karten aus dem Gemeindearchiv über die Straßen- und Bebauungsentwicklung zeigen, dass bereits 1787 ein Fußweg hier nach Bergedorf führte. Er ist auch 1880 noch als Weg eingezeichnet, erst 1939 war diese Verkehrsverbindung teilweise befestigt.

Für die Anlieger hängt an dem Datum eine beträchtliche Summe, die die Grundeigentümer ansonsten für die Neuerschließung ihrer Straße berappen müssten. "Noch ist die Entscheidung offen, aber es spricht einiges dafür, dass sie die Erschließung zu 90 Prozent finanzieren müssen." Vor 2015 oder 2016 würde am Bergedorfer Weg nichts passieren, beruhigt Heidelberg.