Landgericht: Angeklagter lässt Richterin warten - die greift mit Haftbefehl hart durch

Geschlagene drei Stunden haben Richterin, Schöffen, Staatsanwalt und Pflichtverteidiger gestern im Landgericht Lübeck auf Martin H. gewartet. Der 24-Jährige, der im Januar an zwei Raubüberfällen auf den Rewe-Markt in Wentorf beteiligt gewesen sein soll, hatte sich zwar bei Richterin Helga Lukwowicz per E-Mail abgemeldet. Dass der Angeklagte jedoch wegen einer Erkältung unpässlich sein sollte, wollte sie nicht glauben und schickte ihm die Polizei ins Haus.

Die jedoch fand ihn weder in seiner Wohnung in Malente noch bei seiner Freundin in Sierksdorf. "So ernst kann die Grippe dann wohl nicht sein", meinte die Richterin nach fast drei Stunden zermürbender Wartezeit und griff hart durch. Sie hat erneut einen Haftbefehl erlassen. Finden die Beamten den jungen Mann, wandert er direkt wieder in Untersuchungshaft, die er nur gegen strenge Auflagen verlassen durfte. Sein Komplize und Freund Jakob B. (25) war gestern pünktlich zur Verhandlung erschienen. Die Idee zu den Überfällen auf den Supermarkt hatte Jakob B. Er selbst hatte dort lange gearbeitet. Während die mittlerweile verurteilten Eugen O. (22) und Alex L. (21) im Januar mit der Waffe in den Markt gestürmt waren, wartete Martin H. im Fluchtauto. Wie berichtet, hatte er am vergangenen Donnerstag vor Gericht gesagt: "Ich selbst mochte den Überfall nicht ausführen. So etwas kann ich nicht." Weil die Beute beim ersten Überfall nur 880 Euro betrug, plante die Bande einen weiteren bewaffneten Raub. Die Beute im zweiten Anlauf: 4000 Euro. Um an das Geld zu kommen, hatten sie den stellvertretenden Marktleiter im Tresorraum mit einer Schreckschusspistole und einem Messer bedroht. Wenig später wurden die Kriminellen gefasst. Bei den Opfern hat sich Martin H. mittlerweile entschuldigt. Ob überhaupt und wenn ja wie lange er und sein Komplize dafür ins Gefängnis wandern, wird am kommenden Montag bekannt gegeben - falls die Polizei Martin H. bis dahin findet.