Wentorf (amü). Der Amazonas liegt knapp 9000 Kilometer Luftlinie von Wentorf entfernt, aber im Arbeitszimmer von Dr. Ulrich Werder ist das Rauschen des mächtigen Stromes zu spüren.

Als junger Mann hat der Naturwissenschaftler Haie aus dem Urwaldfluss gefischt, für Entwicklungsprojekte der Bundesregierung in Manaus eine Fischzucht aufgebaut. Gewässer sind sein Metier, auch wenn sie so schmal sind wie die Bille in Reinbek.

Vom Amazonas auf die Bille gekommen

In unserer Zeitung hatte Dr. Werder gelesen, dass die beiden Leiter des E-Werks hinter dem Wehr an der Schloßstraßen-Brücke gern ein kleines Wasserkraftwerk installieren würden, die Pläne aber erst realisiert werden könnten, wenn die Fischtreppe gebaut ist. Der promovierte Experte für Aquakultursysteme ist begeistert. Wenn nach dem Bau der Aufstiegshilfe für Fische zu den Laichgewässern nicht genug Wasser für den Antrieb einer Turbine bliebe, könnte eine sogenannte Wasserkraftschnecke eine Alternative sein, schlägt er vor.

"Eine Turbine braucht einen hohen Wasserdruck, damit sie funktioniert." Der große Vorteil der Wasserkraftschnecke, die wie ein riesiges Gewinde aussieht, sei, dass sie schon bei einem Gefälle von einem Meter realisierbar ist. Der 64-Jährige möchte jetzt Kontakt zum E-Werksleiter aufnehmen und würde sich freuen, wenn Wasserkraftwerk und Fischtreppe an dieser Stelle realisiert werden könnten. "Ich war auch schon im Reinbeker Rathaus. Doch dort sagte man mir, dass die Pläne schon zu fortgeschritten seien."

Schon lange, bevor Fischtreppen von der EU bezuschusst wurden, hat sich der Wentorfer für die Renaturierung von Flüssen eingesetzt: "Das ist mit ganz einfachen Mitteln realisierbar", sagt er.

Seit es Werder in den 60er-Jahren in die brasilianischen Urwaldmetropole Manaus verschlagen hatte, lässt ihn das südamerikanische Land nicht mehr los. Obwohl er in den Folgejahren auch in anderen Ländern weltweit für Fischzuchtprojekte im Einsatz war - von den Kapverden bis zum Baikalsee.

Nach einer Krebserkrankung ist er in das Haus seiner Eltern an der Feldstraße zurückgekehrt und arbeitet von hier aus an neuen Projekten, wie dem mit Fernanda, die sich über Skype auf seinem Computerbildschirm meldet. "Derzeit biete ich deutschen Firmen, ihren Mitarbeitern und Gruppen ein interkulturelles Coaching für ihren Brasilienaufenthalt an. Es lohnt sich, landestypische Umgangsformen zu kennen, vieles läuft dann besser." Die südamerikanischen Lockerheit vermisst er manchmal und wünscht sich, dass sein Vorschlag noch gehört wird.