Seit 1990 unternehmen die Sportler immer zu Pfingsten gemeinsame Ausflüge und Bootstouren.

Sie ruderten im gleichen Wasser, 500 Elbkilometer voneinander entfernt. Doch über Jahrzehnte waren gemeinsame Touren oder Wettfahrten undenkbar - die hässliche Grenze zwischen beiden deutschen Staaten verhinderte jeden persönlichen Kontakt zwischen der Rudergruppe Geesthacht und dem Meißner Ruderclub Neptun.

Als im November 1989 die Berliner Mauer fiel, wuchs auf beiden Seiten die Neugier. So zog es auch die Geesthachter Ruderer mit dem Ziel, eine Partnerschaft aufzubauen, gen Osten: Nach einem ersten zaghaften Schriftverkehr - Telefonate in die noch existierende DDR waren schwierig und teuer - machten sich Pfingsten 1990 acht Geesthachter auf den Weg nach Sachsen. Sie legten den Grundstein für eine langlebige Tradition. An diesem Wochenende treffen sich rund 40 Ruderer aus Meißen und Geesthacht zum 20. Mal.

"Wir waren damals neugierig, wollten unbedingt einen Verein aus der DDR näher kennen lernen", erzählt Ruderer Hans Georg Priesmeyer. Über die Jahre ist zwischen den Vereinen dann eine echte Kameradschaft entstanden. "Damals galt in Meißen noch die Ost-Mark", erinnert sich die Geesthachterin Dörte Grandt (72). "Wir haben deshalb die Autos vollgeladen mit Essen und Getränken, die Meißner haben sich um die Unterkunft gekümmert." Ein Jahr später besuchten die Sachsen dann Geesthacht - mit köstlichem Radeberger Pils im Gepäck. Eine Tradition war geboren. Immer abwechselnd treffen sich die Ruderer fortan zu Pfingsten in Geesthacht oder Meißen. Gemeinsam ging es ins Elbsandsteingebirge, ins Alte Land oder in den Spreewald. Selbstverständlich ging es bei jedem Treffen auch gemeinsam aufs Wasser.

"Das Schöne ist, dass wir bei den Besuchen immer in den Familien wohnen", so Priesmeyer. So erlebten die Ruderer auch hautnah, wie Deutschland Stück für Stück zusammenwuchs. "Ganz nebenbei haben wir bei unseren Ausflügen auch den Wiederaufbau der Dresdner Frauenkirche beobachtet", sagt Dörte Grandt (72).

Trotz aller kleinen Unterschiede zwischen Ost und West entdeckten die Ruderer, dass die sportlichen Probleme überall gleich sind. "Wenn Arbeit ansteht, packen bei uns leider oft immer nur die selben Leute an", sagt Rolf Hubert aus Meißen. Ein Umstand, den auch die Geesthachter kennen. Einen kuriosen Unterschied entdeckten die Sportler in der Rudertechnik: "In der DDR wurde das Ruder rechts vor links gezogen, bei uns war es umgekehrt", so Priesmeyer.

Mit einer kleinen Rückschau auf die vergangenen Besuche feiern die Ruderer an diesem Wochenende die Partnerschaft. "Für uns ist die langjährige Freundschaft zwischen unseren Vereinen ein Stück gelebte Wiedervereinigung", sagt Priesmeyer. Eine Einschätzung, die von beiden Seiten geteilt wird. "Wir freuen sehr, dass die Geesthachter das genau so sehen", sagt Rolf Hubert. Er hofft, dass die enge Freundschaft noch lange bestehen bleibt. "Leider haben viele junge Leute, die nach 1990 geboren sind, nicht so ein Gefühl dafür, wie wichtig diese Verbindung ist", sagt Rolf Hubert.

Aus einem ersten Treffen entstand eine langjährige Partnerschaft