Schulleiter, Lehrer, Eltern und Kinder verarbeiten gemeinsam den turbulenten Freitagmorgen.

Ich habe Waffen, plane einen Amoklauf, wer macht mit? Mit diesen Worten - veröffentlicht im Internet über die Kontaktbörse SchülerVZ - hatte am vergangenen Freitag ein 16-jähriger Schüler an der Realschule in Wentorf für erhebliche Unruhe gesorgt (wir berichteten). Der 15. Mai wird in die Schulchronik vermutlich als der Tag eingehen, an dem ein dummer Schülerstreich völlig aus dem Ruder lief. Der Verursacher wurde von der Kriminalpolizei schnell gefunden. Mittlerweile nimmt der Teenager wieder am Unterricht teil. Obwohl er rasch ausfindig gemacht werden konnte und klar war, dass keine reale Gefahr von ihm ausgeht, herrschte an der Schule am Freitag Angst und Schrecken.

Mit Ruhe und Besonnenheit startete demgegenüber die neue Schulwoche. Auf dem Stundenplan stand am Montag in der ersten und zweiten Stunde die Aufarbeitung der Ereignisse. Um neun Uhr baten die Schulleitung und Peter Lindemann, Leiter der Wentorfer Polizeistation, zur Vollversammlung in die Aula. "Es war mir ein großes Bedürfnis, die Schüler sachlich zu informieren", sagte Lindemann. Er nutzte zudem die Gelegenheit, den Schüler, der zuerst mit der Polizei gesprochen hatte, von sämtlichen Gerüchten rein zu waschen. Er habe nichts im Schilde geführt.

Hintergrund: Der eigentliche Täter hatte seine verhängnisvolle Botschaft im Namen des völlig unschuldigen Mitschülers verfasst. Der hatte daraufhin sofort über die Schulleitung die Polizei informiert und sich damit, so Lindemann "vorbildlich verhalten." Er habe für sein couragiertes Verhalten höchste Anerkennung verdient, denn ohne sein Mitwirken wäre die Polizei dem Täter so schnell nicht auf die Spur gekommen. Dieser Meinung schienen auch die Kinder und Jugendlichen zu sein. "Sie applaudierten ihrem aufmerksamen Mitschüler sehr lange, das war toll", so Lindemann.

Sein Namensvetter und Schulleiter, Jan Lindemann, hatte zusammen mit seinem Lehrerteam in den Klassen Ursache und Wirkung von Gerüchten besprochen. Für die Pädagogen ist klar, dass die Situation am Freitag auch deshalb aus dem Ruder lief, weil die Schüler selbst hartnäckig das Gerücht streuten, es sei ein Amoklauf angekündigt. "Dabei hat einer den anderen überboten, sich einen Spaß daraus gemacht", analysiert der Schulleiter die Situation. Am Ende glaubten die Kinder selbst, was sie zuvor in die Welt gesetzt hatten. Das Lehrerkollegium wird es nicht bei einer einzigen Besprechung belassen. Nach Pfingsten wird es mehrere Dienstbesprechungen geben, um den Notfallplan zu überarbeiten, das Verhalten im Ernstfall zu optimieren. Parallel setzt sich die Polizei derzeit mit aktuellen Fluchtplänen aller Wentorfer Schulen auseinander.

Elternvertreter Jörg Wischermann hat unterdessen in den letzten Tagen eine Internetseite ( http://surf.big-wentorf.de ) konzipiert, auf der er über die Gefahren des Internets informiert und erklärt, wie man sicher mit dem Medium umgehen kann. "Auf der Seite können sich auch Eltern informieren", sagt Wischermann. Seiner Einschätzung nach zeigten sich die Mütter und Väter nach dem ersten Schreck am Freitag sehr ruhig und sachlich. Auch Schulleiter Lindemann plädierte gestern dafür, zur Tagesordnung überzugehen. "Die Schüler haben sich beruhigt, hier findet wieder normaler Unterricht statt. Wenn ich auf den Pausenhof schaue, sehe ich fröhliche Gesichter."