Geesthacht/Schwarzenbek. Versichertenberater Harald Hofmann gibt Tipps für den vorzeitigen Ruhestand – häufig ist der aber mit Abzügen verbunden.

Die „Babyboomer“ (Geburtenstarke Jahrgänge Anfang der 1960er-Jahre) kommen langsam in das Rentenalter. Viele wollen mit dem Ruhestand nicht bis zum Eintrittsalter für die reguläre Altersrente warten, das ab dem Geburtsjahrgang 1964 mit 67 Jahren beginnt. Eines von mehreren möglichen Modellen für den Einstieg in den wohlverdienten Ruhestand ist die Rente mit 63, die noch in der Großen Koalition unter Führung von Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel im Jahr 2015 auf den Weg gebracht wurde.

Im vergangenen Jahr bewilligte die Deutsche Rentenversicherung (DRV) insgesamt 254.337 Anträge auf die abschlagsfreie Rente nach 45 Beitragsjahren. Seit Einführung der Rente mit 63 vor sieben Jahren haben damit insgesamt 1,74 Millionen Versicherte von der Option Gebrauch gemacht – rund 340.000 Menschen mehr als von der Bundesregierung ursprünglich erwartet.

Vorzeitiger Ruhestand: Immer mehr Menschen wollen nicht warten

Diese Erfahrung bestätigt auch Harald Hofmann aus Geesthacht, ehrenamtlicher Versichertenberater der Deutschen Rentenversicherung. „Mittlerweile kommen immer mehr Menschen zu mir, die aus den unterschiedlichsten Gründen frühzeitig aus dem Berufsleben ausscheiden wollen. Zum einen weil sie krank sind oder sich in ihrem Job überlastet fühlen, zum anderen weil sie einfach mehr Zeit für sich selbst und ihre Familie haben wollen“, berichtet der 69-Jährige.

Hofmann betont ausdrücklich, dass er kein Rentenberater ist, denn das ist ein geschützter Begriff für Experten, die hauptberuflich in diesem Bereich tätig sind – und sich das auch entsprechend bezahlen lassen. Hofmanns Dienste sind indes kostenlos.

100 Beratungstermine pro Monat im Süden des Kreises

Seit 17 Jahren übt der 69-jährige Geesthachter dieses Ehrenamt aus und bietet Beratungen in Lauenburg, Geesthacht und Schwarzenbek an. Rund 100 Termine absolviert der gelernte Industriekaufmann, der 40 Jahre bei der Krankenversicherung DAK angestellt war, jeden Monat. „Manche Frage lässt sich in fünf Minuten klären, ausführlichere Gespräche dauern aber auch mal zwei Stunden. Danach qualmt den Gesprächspartnern aber auch der Kopf, weil das Rentensystem teilweise ziemlich kompliziert ist“, sagt Hofmann.

„Außerhalb meiner Sprechstunden biete ich insbesondere älteren und nicht mehr so mobilen Menschen Hausbesuche an. Ich bin mit Herzblut dabei“, so der Versichertenberater. Durchschnittlich seien seine Klienten 64 Jahre alt, wenn sie in Rente gehen. Das entspricht auch dem Bundesschnitt. Allerdings haben auch viele ältere Menschen Fragen – beispielsweise wenn es um die Hinterbliebenenrente nach dem Tod des Partners geht.

Der Weg in die Rente führt über verschiedene Wege

Für den Eintritt in die Rente gibt es unterschiedliche Varianten. Immer unbeliebter wird dabei die Regelaltersrente, nach der Menschen bis zum 67. Lebensjahr (ab dem Geburtsjahrgang 1964) oder kurz davor arbeiten müssen. Allerdings klappt es mit der abzugsfreien Rente mit 63 auch nicht so ohne Weiteres: Nur die Jahrgänge 1951 und 1952 konnten nach 45 Beitragsjahren als besonders langjährige Versicherte ohne Abzüge im Alter von 63 Jahren in den Ruhestand gehen. Für jüngere Menschen gelten andere Regeln.

So müsste beispielsweise ein klassischer Babyboomer (Jahrgang 1963), den wir hier mit seiner ganz individuellen Vita (Abitur, Bundeswehr, Berufsausbildung, Studium, langjährige Berufstätigkeit) als Beispiel genommen haben, bis zum Alter von 64 Jahren und zehn Monaten arbeiten, wenn er diesen Weg wählen würde.

Langjährige Versicherte können nach 35 Jahren mit Abzug gehen

Ansonsten werden Abzüge in Höhe von 0,3 Prozent für jeden Monat fällig, die der Betroffene (45 Beitragsjahre vorausgesetzt) früher aus dem Arbeitsleben ausscheidet. „Das klingt zunächst nicht nach viel, aber man muss sich bewusst machen, dass diese Kürzung jeden Monat bis zum Lebensende gilt“, betont Hofmann.

Eine zweite Möglichkeit besteht darin, nach 35 Beitragsjahren in den Ruhestand zu gehen – das ist die sogenannte Rente für langjährig Versicherte. Dieses Modell funktioniert aber nur mit deutlichen Abzügen. In unserem Beispielfall würde das bedeuten, dass ein Renteneintritt frühestens zum 1. Dezember 2026, also kurz nach dem 63. Geburtstag des langjährig Beschäftigten (statt der Regelaltersrente am 1. Oktober 2030) möglich wäre. Das würde aber auch mit 13,8 Prozent Abzügen von der Regelaltersrente verbunden sein.

Zuverdienst ist auch im Ruhestand möglich

„Es ist zu bedenken, dass der künftige Rentner auch Steuern bezahlen muss und die Hälfte der Beiträge für Kranken- und Pflegeversicherung zahlt. Das mindert das verfügbare Einkommen weiter“, gibt Hofmann zu bedenken.

Allerdings besteht die Möglichkeit, zusätzlich zur Rente auch Geld zu verdienen. Bei Erreichen des Regeleintrittsalters für die Rente ist dies unbegrenzt möglich, ohne dass die Einkünfte von der Rente abgezogen werden. Außerdem gibt es bei vorzeitigem Ausscheiden aus dem Arbeitsleben die Möglichkeit, mit einer Einmalzahlung – oft im fünfstelligen Euro-Bereich – in die Rentenversicherung einzuzahlen, um höhere monatliche Bezüge zu erzielen. Das rechnet sich allerdings nur bei einer langen Lebensdauer, die niemand voraussehen kann.

Massiver Burnout als Grund für eine Erwerbsminderungsrente

Wer eine Erwerbsminderungsrente – eine weitere Möglichkeit für Menschen mit Behinderungen oder langfristigen Erkrankungen – bezieht oder vorzeitig in den Ruhestand geht, kann zusätzlich einen Minijob (aktuell bis 450 Euro im Monat) ausüben, ohne Abzüge hinnehmen zu müssen. „Gerade in den Fällen, in denen ein Betroffener aufgrund gesundheitlicher Probleme ganz oder zeitweise aus dem Berufsleben ausscheidet, ist ein Minijob wichtig, weil der dem Menschen Anerkennung gibt und ihm das Gefühl nimmt, nichts für die Gesellschaft beizutragen“, weiß Hofmann sowohl aus beruflicher Erfahrung aus seiner Zeit bei der Krankenkasse als auch wegen der langjährigen Tätigkeit als Versichertenberater.

Auch berufliche Überforderung nimmt als Grund für einen vorzeitigen oder zumindest teilweisen Ausstieg aus dem Beruf zu. „Wer beispielsweise an einem massiven Burnout leidet, kann, wenn er langfristig arbeitsunfähig ist, eine Erwerbsminderungsrente beantragen. Die ist dann über zwei oder drei Jahre befristet, danach muss man dann weitersehen, ob der Mensch wieder arbeitsfähig ist“, sagt Hofmann.

Hier gibt es kostenlose Beratungstermine in der Region

Harald Hofmann ist jeden Dienstag in der Zeit von 10 bis 17 Uhr in Geesthacht im Rathaus am Markt 15. In Lauenburg ist Hofmann jeden zweiten und vierten Montag im Monat von 10 bis 17 Uhr im Haus der Begegnung, Fürstengarten 29. In Schwarzenbek ist er jeden zweiten Mittwoch im Monat im Familienzentrum am Verbrüderungsring von 14 bis 17 Uhr. Termine unter Telefon 04152/749 14.