Dassendorf. Explosion am frühen Freitagmorgen beschädigt auch das Gebäude: Gesucht wird nun ein schwarzer VW Golf mit Hagenower Kennzeichen.

Böse Überraschung für die Mitarbeiter des Dassendorfer Küchenherstellers OMT am Freitagmorgen: In der Nacht zum Freitag hatten Unbekannte den Geldautomaten der Kreissparkasse Herzogtum Lauenburg in einem Nebenraum von OMT an der August-Siemsen-Straße im Dassendorfer Gewerbegebiet gesprengt.

In einer Wand in der Nähe verläuft eine Steigleitung für die Gasversorgung des Küchenherstellers. Die Explosion war so stark, dass die Scheiben der Eingangstür nach außen flogen und Risse in der Wand zum Verkaufsraum entstanden. „Wir kamen gegen 7 Uhr zur Arbeit. Da war alles abgesperrt, die Monteure standen ratlos vor der Tür“, berichtete ein Mitarbeiter am Freitagvormittag, während die Polizei mit einem großen Team Spuren am Tatort sicherte.

Schäden am Gebäude in Dassendorf durch Sprengung

Den Verkaufsraum und das Lager durften die OMT-Mitarbeiter nicht betreten. „Die Verunsicherung ist groß. Wir haben ohnehin unter Corona und den unterbrochenen Lieferketten zu leiden. Jetzt sind alle Termine für heute abgesagt, und der Aufbau von Küchen bei unseren Kunden kommt ins Stocken“, so der Mitarbeiter.

Ermittler des Landeskriminalamtes aus Kiel untersuchten am Freitagvormittag den Tatort. 
Ermittler des Landeskriminalamtes aus Kiel untersuchten am Freitagvormittag den Tatort.  © Stefan Huhndorf | Stefan Huhndorf

Nur die Polizei und OMT-Geschäftsführer Sandro Leverenz waren im Gebäude. „Hier geht alles drunter und drüber. Ich habe jetzt keine Zeit und muss alle Abläufe neu organisieren. Wir haben definitiv auch einen Gebäudeschaden, dessen Tragweite ich nicht absehen kann“, sagte der Firmenchef gegenüber unserer Zeitung.

Gesucht wird ein schwarzer VW Golf mit HGN-Kennzeichen

Anders als vor zwei Wochen in Müssen – dort wurden eine Flex und ein Spreizgerät benutzt, um den Geldautomaten der Raiffeisenbank zu öffnen – wurde der Automat in Dassendorf gesprengt. Gegen 4.48 Uhr hatten Anwohner die Polizei alarmiert, von einer Explosion gesprochen. Andere Zeugen berichteten von einem schwarzen VW Golf, möglicherweise ein GTI neueren Baujahres mit LED-Scheinwerfern, der mit sehr hoher Geschwindigkeit über die B 207 in Richtung Kröppelshagen-Fahrendorf davonfuhr.

Zunächst hatte es geheißen, das Fahrzeug hätte ein OD-Kennzeichen (für Stormarn) gehabt. Das wurde im Verlauf des Tages korrigiert: Nun soll es ein HGN-Kennzeichen für Hagenow (Landkreis Ludwigslust-Parchim) gewesen sein. „Zeugen, denen das Auto aufgefallen ist, bitten wir, sich bei der Polizei zu melden“, so Uwe Keller, Pressesprecher des Landeskriminalamtes (LKA) aus Kiel. Aber auch der Fahrer wird gebeten, sich zu melden, sollte er nichts mit der Explosion zu tun haben, um nicht in eine falsche Richtung zu ermitteln.

Löschzug Gefahrgut suchte Gasaustritt

Bevor die Ermittler des Landeskriminalamtes, das beim Einsatz von Sprengstoffen zuständig ist, am Freitagvormittag ihre Ermittlungen aufnehmen konnten, überprüften Spezialisten des Kampfmittelräumdienstes die SB-Filiale. „Wir konnten nicht sicher sein, ob wirklich der gesamte Sprengstoff explodiert ist“, so Keller.

Feuerwehrleute aus Dassendorf und Schwarzenbek sowie Polizei waren sofort vor Ort.
Feuerwehrleute aus Dassendorf und Schwarzenbek sowie Polizei waren sofort vor Ort. © Christoph Leimig | Christoph Leimig,

Da Dassendorfer Feuerwehrleute unmittelbar nach der Explosion sowohl am als auch im Gebäude Gas gerochen hatten, wurde ein Messtrupp des Löschzugs Gefahrgut aus Schwarzenbek nachalarmiert, der das Gebäude auf einen Gasaustritt absuchte. Anschließend wurden die Räume des Küchenherstellers belüftet, die zerstörte SB-Filiale wurde von der Polizei beschlagnahmt.

In 35 Minuten kommt man von Seevetal nach Schwarzenbek

Nur knapp 2,5 Stunden zuvor war im niedersächsischen Seevetal-Fleestedt gegen 2.30 Uhr ebenfalls ein Geldautomat in einer Bankfiliale gesprengt worden. Die Fahrzeit zwischen beiden Tatorten beträgt laut Routenplaner nachts zwischen 35 und 45 Minuten. Man könne nicht ausschließen, dass es sich um dieselben Täter handele, so Keller. Die Landeskriminalämter tauschten sich in derartigen Fällen sehr schnell aus.

Zunahme von Sprengungen mit Explosivsprengstoffen

Das Bundeskriminalamt (BKA) hat deutschlandweit im Jahr 2020 414 Sprengungen von Geldautomaten verzeichnet, dabei scheiterten die Täter in 256 Fällen, waren aber in 158 Fällen erfolgreich. 2016 hatte es noch 318 Sprengungen mit 128 ­vollendeten Diebstählen gegeben.

Sprunghaft angestiegen ist im Jahr 2020 auch der Anteil der Automaten, die nicht mittels eingeleitetem Gas, sondern mit festen Explosivsprengstoffen aufgesprengt wurden: 2019 waren es 18, 2020 bereits 111 Fälle.

Laut Bundeskriminalamt kommen Täter häufig aus Holland

Die Ermittler des BKA führen dies darauf zurück, dass in Deutschland zu diesem Zeitpunkt viele Geldautomaten mit Gasneutralisierungssystemen ausgestattet wurden. Ein weiterer Grund für den Anstieg der Taten in Deutschland sind verstärkte Präventionsmaßnahmen der niederländischen Banken. Das BKA geht davon aus, dass niederländische Banden, die zumeist mit Sprengstoffen arbeiten, deshalb nach Deutschland ausweichen.

Bei den Tatverdächtigen stammte mehr als die Hälfte der Personen aus den Niederlanden. Auch die regionale Verteilung der Taten deutet darauf hin: 2020 gab es in Nordrhein-Westfallen 176 Taten, in Niedersachsen 45 und in Schleswig-Holstein 9. 17,1 Millionen Euro erbeuteten die Täter 2020, der Sachschaden an Automaten und Gebäuden überstieg diese Summe noch.