Von Stefan Huhndorf

Kuddewörde/Schwarzenbek.
Das 1300-Einwohner-Dorf Kuddewörde im Norden des Amtes Schwarzenbek-Land setzt auf Integration von Asylbewerbern und Flüchtlingen durch dezentrale Unterbringung in Wohnungen. Allerdings leben dort aktuell nur ein Ehepaar aus Albanien und eine vierköpfige syrische Familie. Da hat das benachbarte Schwarzenbek mit derzeit knapp 80 Flüchtlingen und einer Quote von 180, die die Stadt bis zum Jahresende aufnehmen muss, natürlich andere Probleme. Deshalb ist in der Europastadt auch eine Sammelunterkunft geplant, weil mit der bisherigen dezentralen Unterbringung der Zustrom nicht in den Griff zu bekommen ist.

Das hoffen die Kuddewörder anders lösen zu können. "Eine Umnutzung von Sporthallen und die Unterbringung in Containern ist nur eingeschränkt für Flüchtlinge geeignet", sagt Flüchtlingspate Hans-Heinrich Stamer.

Ein Musterbeispiel für gelungene Integration ist der Schwarzenbeker Mirsad Fazlic. Der A-Lizenz-Trainer betreut das landesweit einzigartige Tischtennisleistungszentrum beim TSV in Schwarzenbek.

1994 floh er mit seiner Frau aus Sarajevo über Montenegro und dann mit einem Frachtschiff über das Mittelmeer nach Italien. "Ich sollte in den Krieg ziehen. Das wollte ich nicht und bin deshalb geflohen", erzählt der 47-Jährige genau an dem Ort, an dem das junge Paar damals seinen ersten Unterschlupf fand: im Haus der Familie Remus an der Sachsenwaldstraße in Kuddewörde.

Der Bosnier war damals schon A-Lizenz-Trainer und Liga-Spieler im Tischtennis. Über einen anderen Tischtennisspieler bekam er Kontakt zu den Kuddewördern, die damals einen Verein aufbauten. Die Fazlics zogen in das Dorf, sprachen viel Deutsch, diskutierten mit den Sportlern. So lernten beide die Sprache, fanden Freunde und blieben, auch als der Krieg vorbei war. Fazlic wurde fest angestellter Tischtennistrainer, musste deshalb nicht zurück in die Heimat - die er allerdings vermisst und häufig besucht.

"Nur wer mit Deutschen zusammenlebt und die Sprache spricht, wird sich einleben", sagt er und gibt diesen Tipp gleich an Sabjan und Maslime Sulenji weiter. Die beiden sind wegen der großen Armut aus Albanien geflohen und haben ebenfalls Unterschlupf in der Sachsenwaldstraße 12 gefunden. Anne Christina Remus hat ihnen eine Wohnung vermietet, betreut werden sie von "ihrem" Paten Hans-Heinrich Stamer und der pensionierten Deutschlehrerin Hannelore Zeh. Die beiden sind seit Ende April in Kuddewörde, das Asylverfahren läuft. Bislang haben sie eine Duldung.

Analog zum Runden Tisch Begrüßungskultur in Schwarzenbek gibt es in Kuddewörde einen 19-köpfigen Helferkreis, der Flüchtlinge ehrenamtlich betreut, Fahrdienste übernimmt, sie bei Arzt- und Behördenbesuchen begleitet.

Sponsored Run

Auch die Gymnasiasten der Europaschule wollen helfen. Die Erlöse aus ihrem diesjährigen Sponsorenlauf (Sponsored Run) am Freitag, 2. Oktober, 8.45 bis 12.30 Uhr im Sierrepark, sollen an die Flüchtlingshilfe fließen. Das Konzept: Jeder Schüler läuft 60 Minuten und lässt sich das von einem Sponsor bezahlen.

"Nur wer die Sprache spricht und die Gesellschaft kennt, kann sich hier einleben." Mirsad Fazlic, Bürgerkriegsflüchtling und Tischtennistrainer in Schwarzenbek