Ritzerau
(sh).
Was den Menschen ärgert, freut die Natur. "Mit den zunehmenden Regenfällen sprießen die Pilze. Ich bin sicher, es wird ein gutes Pilzjahr", sagt Irena Dombrowa. Die aus Mecklenburg stammende Sammlerin muss es wissen. Sie ist noch zu DDR-Zeiten zur Pilzexpertin ausgebildet worden.

Eine Qualifikation, die immer seltener wird. "In der DDR war so eine Ausbildung beispielsweise für jeden Apotheker obligatorisch. Das gehörte zum Studium. Schließlich kamen die Leute mit ihren gesammelten Pilze in die Apotheke, um sie dort bestimmen zu lassen", erzählt Dombrowa.

Gemeinsam mit Barbara Denker vom BUND und zwei weiteren Experten führte sie am vergangenen Sonntag bei einer Pilzwanderung durch den Lübschen Forst bei Ritzerau mehr als 60 Besucher zwei Stunden lang durch den Wald, um ihnen die Welt der Pilze und deren Bedeutung für das Ökosystem deutlich zu machen. Denn ein Großteil des Pilzes ist im Boden. Nur die Fruchtkappe schaut heraus. Und die ist in vielen Fällen nicht essbar.

"Es gibt in Europa 5000 Arten, einige haben noch nicht einmal einen Namen. Wirklich lebensgefährlich ist hierzulande nur der Grüne Knollenblätterpilz. Aber viele Arten sind ebenfalls giftig oder können Allergien auslösen", erläutert Dombrowa. Deshalb gilt gerade für Laien: Alles, was man nicht kennt, kommt nicht in den Sammelkorb.

Die Vielfalt der Pilze in unserer Region ist jedenfalls beeindruckend - gerade im Lübschen Forst. "Hier kommen sogar ganz seltene Exemplare, wie der Eichhase vor. EinePilzart aus der Familie der Stielporlinge, der auf der Roten Liste steht", sagt Barbara Denker. Aber natürlich gibt es hier auch die schmackhaften Varianten wie Pfifferling und Steinpilz. Den Butterpilz gibt es im Lübschen Forst dagegen nicht. Er liebt den sandigen Boden von Kiefernwäldern und ist dafür im Sachsenwald bei Schwarzenbek zu finden. "Allerdings sollte man die Haut von der Kappe abziehen. Es gibt Menschen, die darauf allergisch reagieren", warnt Barbara Denker. Pilze sammeln kann man übrigens das ganze Jahr, auch wenn der Herbst ideal ist. Denker: "Aber beispielsweise ein Austernseitling braucht den Frost. Ein typischer Winterpilz."

"Wir wollen mit unseren jährlichen Pilzexkursionen Menschen für die ökologische Waldgemeinschaft sensibilisieren. Jeder Pilz ist wichtig in dem Ökosystem - auch die giftigen", sagt Hans-Heinrich Stamer vom BUND-Vorstand, der diese Exkursionen jeden Herbst organisiert. Für den Lübschen Forst hat sich der BUND entschieden, weil hier rein biologische Forstwirtschaft ohne Dünger, Kalk und Pestizide betrieben wird.