Gülzow
(pwre/sh).
Er ist zehn Jahre alt und hat sich im Dorf als Treffpunkt, Veranstaltungsort, Bücherei, Seminarraum und sogar als Arztpraxis etabliert. Die Rede ist vom ehemals mit Fördermitteln der Europäischen Union (EU) eingerichteten Markttreff in der Hauptstraße 21 in Gülzow. Das ist aber leider nur eine Seite der Medaille. Zum Markttreff-Konzept gehört auch ein Einkaufsmarkt als Nahversorger für die 1242 Einwohner - und der erwirtschaftet hohe Verluste. "Wir müssen jährlich mehrere Zehntausend Euro für den Betrieb zuschießen", sagt Bürgermeister Wolfgang Schmahl.

Denn viele Gülzower kaufen nicht im Ort ein, weil sie beispielsweise in Hamburg arbeiten und ihre Besorgungen dort oder auf dem Arbeitsweg erledigen. "Dabei ist der Markttreff gar nicht teuer. Wir haben die Belieferung von familia auf Coop umgestellt und bieten damit die Preise, die im ganzen Konzern üblich sind. Einschließlich aller Sonderangebote", sagt Schmahl.

Bis zum Jahr 2017 muss Gülzow den Einkaufsmarkt weiterführen, wie er ist, und auch Menschen mit Behinderungen von der Lebenshilfe beschäftigen. Ansonsten müssen alle Zuschüsse, die in den vergangenen zehn Jahren geflossen sind, zurückgezahlt werden. Dabei haben sich die Rahmenbedingungen massiv verändert. Trug anfangs die Lebenshilfe 80 Prozent der Defizite, so wird der Markttreff heute allein von der Gemeinde unterhalten. Da das Thema Integration aber immer noch im Vordergrund steht, sind weiterhin Mitarbeiter der Lebenshilfe in Gülzow beschäftigt. Derzeit sind neben der hauptamtlichen Marktleitung noch fünf bis sechs geringfügig Beschäftigte und drei feste Mitarbeiter von der Lebenshilfe im Markt tätig.

Ob dieses System in Zukunft so weiterlaufen kann, ist noch unklar. Denn die Gemeinde möchte den Einkaufsmarkt an einen selbstständigen Kaufmann oder eine Genossenschaft abtreten. Allerdings ist fraglich, ob das gelingt. Denn der Markt verliert den Geldautomaten als Frequenzbringer, und im fünf Kilometer entfernten Grünhof-Tesperhude ist mit dem Netto-Markt neue Konkurrenz entstanden.

Abgesehen vom Einkaufsmarkt läuft in der Hauptstraße 21 aber alles gut: Die Gülzower kommen zum Frühstücken oder um den neuen Mittagstisch auszuprobieren. Die anderen Räumlichkeiten werden für Familienfeiern oder auch von Firmen für Seminare gebucht. Es gibt Vorträge, regelmäßige Treffen der Strick- und Handarbeitsgruppe oder der Nachbarschaftshilfe. In einer Bücherstube werden gespendete Bücher verkauft. Ein wichtiger Anlaufpunkt ist auch die Sprechzeit von Dr. Ioan-Octavian Micu. Der Allgemeinmediziner aus Büchen ist von Montag bis Sonnabend von 12 bis 14 Uhr im ersten Stock untergebracht.