Von Marcus Jürgensen

Schwarzenbek.
Selten war ein Bürgervorsteher so kontrovers beurteilt worden wie Konrad Freiberg. Doch gerade, als es so schien, als ob sich die Akteure auf der politischen Bühne nicht nur miteinander arrangiert, sondern sogar aufeinander eingespielt hätten, tritt der 64-Jährige zurück - auch als SPD-Vorsitzender in Schwarzenbek.

Am Dienstag hatte Freiberg bereits Bürgermeisterin Ute Borchers-Seelig persönlich seinen Rückzug mitgeteilt und auch die SPD-Fraktion informiert, gestern die übrigen Fraktionen unterrichtet. Zuletzt hatte der ehemalige Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), der seit 2013 Bürgervorsteher der Europastadt war, bei einer Feierstunde zu Ehren Botho Grabbes im Juli schnellere Umsetzungen von Projekten angemahnt. Und seine politische Zukunft mit einem Bildungszentrums in der ehemaligen Realschule verknüpft: "Wenn wir in fünf Jahren immer noch diskutieren, bin ich nicht mehr dabei."

Dass der Rücktritt jetzt so schnell kam, begründet Freiberg mit gesundheitlichen Problemen: "Vor zwei Monaten wurde bei mir eine Herzschwäche festgestellt. Ich nehme seitdem Medikamente, und mein Arzt hat mir geraten, kürzer zu treten." Zudem müsse er seine Mutter betreuen, die zum Pflegefall geworden ist. "Der Abschied ist mir nicht leichtgefallen", sagt Freiberg. Er habe aber seit seinem Einstieg in die Lokalpolitik vor drei Jahren immer betont, dies nur für eine gewisse Zeit machen zu wollen.

In der nächsten Stadtverordnetenversammlung am 22. September muss ein Nachfolger gewählt werden. Das Vorschlagsrecht hat weiter die SPD als stärkste Fraktion. Doch die Partei muss sich auch einen neuen Vorsitzenden suchen, denn auch diesen Posten hat Freiberg abgeben. "Für uns ist es traurig, und Konrad Freiberg wird uns mit seinen Kontakten und Erfahrungen fehlen, aber es kam nicht ganz überraschend", äußert SPD-Fraktionschef Rüdiger Jekubik Verständnis für diesen Schritt: Bereits Anfang des Jahres sei Freiberg wegen gesundheitlicher Beschwerden kurzfristig ausgefallen.

Respekt zollt auch CDU-Fraktionschefin Heike Wladow dem scheidenden Bürgervorsteher: "Ich habe ihm für die fachliche und sachliche Zusammenarbeit und die gute Atmosphäre gedankt." Die CDU stehe für Gespräche über die Neubesetzung bereit. Dass die Arbeitsbelastung in diesem Amt möglicherweise zu hoch ist, mutmaßt Jörn Kranacher, Vize-Fraktionschef der Freien Wählergemeinschaft (FWS). 2008 noch als CDU-Mitglied selbst zum Bürgervorsteher gewählt, hatte Kranacher aufgrund gesundheitlicher Beschwerden nur ein Jahr später das Amt wieder niedergelegt: "Man muss sich fragen, ob das Amt in diesem Umfang von Personen bewerkstelligt werden kann, die auch noch andere Aufgaben haben." Für die Stadt sei die Situation insgesamt nicht schön, weil keine Kontinuität einkehre.

Bürgermeisterin Ute Borchers-Seelig hat bereits Kranacher als zweiten stellvertretenden Bürgervorsteher und Roman Larisch (CDU) als Freibergs ersten Stellvertreter ins Rathaus eingeladen: Sie müssen jetzt dessen Part beim Verbrüderungsfest übernehmen. Auch die Verwaltungschefin bedauert Freibergs Rückzug, der im Wahlkampf um das Bürgermeisteramt noch ihren Konkurrenten Christian Carstensen unterstützt hatte: "Die letzten Monate haben wir gut miteinander gearbeitet und einen guten Austausch gepflegt."

Helmut Stolze (FDP/Freie Bürger) fragt sich, wer angesichts der "immer dünneren Personaldecke" der SPD das Amt übernehmen soll, äußert jedoch Verständnis für den Rücktritt: "Die Familie geht auf jeden Fall vor." Ähnlich sieht es Matthias Schirrmacher (Grüne): "Es ist schade, er hat eine Menge gemacht. Konrad Freiberg wird eine große Lücke hinterlassen."

Mit zwölf von 33 Sitzen stellt die SPD die größte Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung und mit Sigrid Binder auch die Erste Stadträtin. Laut Kandidatenliste der SPD wird Birgit Utescher-Drews für Freiberg nachrücken. Gespräche mit ihr wurden aber noch nicht geführt, sagt Fraktionschef Jekubik.

Er will mit der stellvertretenden Parteivorsitzenden Susanne Heyer-Borchelt rasch die Personalsituation analysieren. Schließlich sind mit Freibergs Rücktritt sowohl der Parteivorsitz als der Posten des Schwarzenbeker Bürgervorstehers derzeit vakant.