Von Marcus Jürgensen

Schwarzenbek/Mölln.
Mit dem "Blauen Montag" geht am 3. August der zehnte "Kultursommer am Kanal" zu Ende. Seit 2009 ist der Hamburger Frank Düwel Leiter des Festivals, setzte mit dem Kanu-Wandertheater und "Beat'n'Dance" gleich eigene Impulse. Redakteur Marcus Jürgensen hat mit dem 52-Jährigen, der unter anderem als Regisseur für Theater in Lübeck und Heilbronn gearbeitet hat und seit 2009 Dozent für Musiktheaterregie und Projektleiter an der Hamburger Hochschule für Musik und Theater ist, gesprochen.

LL:

Der Kultursommer ist auch eine Open-Air-Veranstaltung. Wie oft schauen Sie aufs Wetter-Radar?

Düwel

(lacht): Mit die schönste Situation, die wir hier hatten: Wir waren bei den Proben und es fing wirklich heftig an zu regnen und wir standen unter einer alten Buche und haben gar nichts abbekommen. Wir finden den Kontakt zur Natur und das Arbeiten dort so spannend, dass wir das einfach in Kauf nehmen. Gleichzeitig freuen wir uns, wenn es uns nicht erwischt.

Lassen sich denn die Besucher von Regenschauern abhalten?

Ich glaube, es wird besser. Ein Fahrradtheater, wo die Gäste mal zwei Tropfen abbekommen ist nicht so schlimm. Anders ein klassisches Konzert, bei dem Gäste möglicherweise auf Stühlen im Freien sitzen.

Sie haben am 6. Juli den Lehrpreis der Freien und Hansestadt Hamburg erhalten. Was bedeutet Ihnen dieser Preis?

Er kam komplett überraschend. Ich wusste nicht mal, dass es diesen Preis gibt. Letztendlich ist es in einer sehr spannenden Zeit ein ganz positives Zeichen der Senatorin und der Hochschulgemeinde. Das ist zu einer Zeit gekommen, als es fast so aussah, dass das konservative Operngeschehen an der Hochschule wieder die Oberhand gewinnt. Wie es in der Laudatio gesagt wurde: Ich verbinde einen sehr offenen Musiktheaterbegriff mit sehr klarer Handwerklichkeit. Ich unterrichte nicht, wie man es macht, sondern wie man Arbeitsweisen entwickelt. Um Formen des dramatischen Umgangs mit Geräuschen des Alltags zu zeigen, gehen wir zu McDonalds am Hauptbahnhof: Aber nicht weil es exotisch oder witzig ist, sondern weil ich die Studenten bitten möchte, hinzuhören. Durch diesen Preis ist meine Arbeitsweise unterstützt worden - das ist das Schöne daran.

Und im Kreis?

Zu Anfang war es sehr spannend. Als ich entschieden habe, mehr mit Jugendlichen zu machen, bin ich sehr intensiv befragt worden. Den Auftrag, den die Stiftung hat, den nehme ich für mich im Kultursommer sehr ernst: Wir sind im gesamten Kreis aktiv und stehen mit den Kulturschaffenden im Dialog. Dazu gehört auch, dass der Kultursommer selber produziert, dass wir uns Risiken aussetzen und Sachen machen, die möglicherweise noch nicht perfekt sind. Bis das Kanu-Wandertheater da war, wo es jetzt ist, haben wir ganz schön arbeiten müssen. Dass dies auch gesehen und unterstützt wird, das freut mich und die Stiftung. So wie sie jetzt aufgestellt ist, ist das eine sehr gute Basis.

Sie waren in China, arbeiten aktuell an einer deutsch-polnischen Inszenierung und planen für 2017 ein Event mit Schweizer Musikern. Wie global ist Kultur, wird sie überall verstanden?

Es funktioniert immer dann, wenn man keine Vorurteile hat. Das hört sich einfach an, ist es aber nicht. Ich fange nie mit einer Inszenierung an, sondern mit einem Hausbesuch. Ich sehe sie singen und tanzen, höre ihnen zu - und fange dann nach einer Stunde, nach zwei Stunden an, eine Entscheidung zu treffen. Entscheidend ist, dass man sich einigt: Man muss ein Ziel definieren - und das kostet Zeit. Da unterscheidet sich die deutsch-polnische Inszenierung nicht von "Beat'n'dance" mit Jugendlichen in Schwarzenbek. In China ist das anders: Das Ego, mit dem wir in Europa herumrennen, ist in der chinesischen Kultur nicht vorhanden. Sie definieren sich eher als Gruppe. Und da merke ich: Meine Arbeitsweise irritiert auch. Da sitzen wir mit dem Ensemble zwei oder drei Tage da und erzählen uns unsere Geschichten, um zu verstehen, auf welcher Ebene wir kommunizieren werden.

Sie haben den Kultursommer geprägt, wie sehr hat Sie der Kultursommer verändert?

Für mich war das vor sechs Jahren sehr aufregend zu versuchen, ein Leben als Regisseur, Dozent und Intendant zu führen. Ich wusste noch nicht, wie sich das anfühlt. Im Moment lassen sich diese Welten aber gut zusammenfügen und letztlich ist der Kultursommer für mich auch ein Stück Heimat geworden. Wenn ich das Gefühl hätte, ich müsste dringend weg aus Hamburg, dann wüsste ich, dass ich hier im Herzogtum irgendwo ein Bett finde. Da ist viel Vertrauen gewachsen und viel künstlerisches Miteinander entstanden - und deshalb macht es immer noch so große Freude.

Sie werden also weiter machen?

Ja - und wir werden auch in Kürze bekannt geben, wo und mit welchem Themenschwerpunkt wir das Festival im nächsten Jahr eröffnen.

Was sind Ihre Tipps für die letzte Kultursommer-Woche?

Ich würde tatsächlich das eine oder andere offene Atelier und den Kunsthandwerkermarkt in Siebeneichen besuchen, mit der Fähre fahren und dafür sorgen, dass es sie noch lange gibt. Und natürlich der Blaue Montag, der immer auch eine Wundertüte ist.