Von Stefan Huhndorf

Schwarzenbek.
Eine Kita in Hamburg Hamm beschäftigt sechs Jahre lang einen wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern verurteilten Erzieher, in Mainz missbrauchen Kinder einer Kita monatelang Gleichaltrige. Das sind aktuelle Fälle, die gerade für Schlageilen sorgen. Einzelfälle, wie Rüdiger Jung, Leiter des Kreisjugendamtes meint. Im vergangenen Jahr prüfte die Jugendhilfe im Kreisgebiet zwei Verdachtsfälle von sexuellem Missbrauch an Kindern. "In beiden Fällen hat sich der Verdacht nicht bestätigt", so Jung. Trotzdem ist Gewalt und Missbrauch von Kindern ein ernstes Thema. Deshalb hatte das Jugendamt jetzt auch zu der ganztägigen Fachtagung "Sichere Orte für Kinder" in das Schwarzenbeker Rathaus eingeladen.

90 Erzieher, Lehrer, Fachkräfte aus Jugendhilfeeinrichtungen und Betreuer von Vereinen diskutierten über Wege, die Kitas und Schulen sicherer zu machen. "Durch bekannt gewordene Missbrauchsfälle sind Erzieher in den Fokus gerückt. Ihnen fehlt oft das Selbstvertrauen, sie fühlen sich beobachtet. Das schafft ein Klima der Angst, das auch die Kinder spüren", warnte der Diplom-Sozialpädagoge Ulrich Kaulen, den der Kreis als Hauptreferenten für den Tag engagiert hatte.

Der beste Schutz für Kinder ist eine funktionierende Kommunikation und die Beschäftigung von qualifiziertem Personal, so ein Ergebnis der Tagung. Dazu gehört auch, dass Arbeitgeber sich ein polizeiliches Führungszeugnis vorlegen lassen, damit mögliche Vorstrafen wegen Gewalttaten oder Pädophilie vor der Einstellung eines Mitarbeiters erkannt werden. "Fälle von sexuellem Missbrauch sind ein verschwindend kleiner Teil. Wenn etwas passiert, gehen wir konsequent vor und fischen die Einzeltäter ab", sagt Birgit Maschke von der Fachstelle Kinderschutz. Dafür sei ein "Kultur des Hinguckens" erforderlich. Aber auch Kommunikation ist wichtig. "Zu einem sicheren Ort gehört, dass ein Kind einem Erzieher oder einem Schulsozialarbeiter etwas anvertrauen kann, ohne dass der dann gleich zur Polizei geht. Es muss mit dem Kind eine altersgerechte Lösung für sein Problem gefunden werden, bei der auch das Tempo der weiteren Vorgehensweise kindgerecht ist", betonte Birgit Maschke.

Allerdings zeigte sich bei der Tagung auch, dass eine große Verunsicherung in den Einrichtungen herrscht, weil viele Erzieher, Betreuer oder Lehrer fürchten, unter einen falschen Verdacht zu geraten. "Mitunter wollen Erzieher nicht einmal alleine ohne Zeugen mit einem Kind in einem Raum sein", sagte Jung. Wegen der Sorge vor der öffentlichen Meinung komme es auch zu Überreaktionen. So sei eine Erzieherin entlassen worden, die von einem Kind geschlagen wurde. Danach hat die Frau das Kind im Affekt geohrfeigt. "Die Kündigung erfolgte aus Angst davor, dass der Vorfall öffentlich werden könnte. Das Verhalten war nicht korrekt, die Kündigung aber überzogen", so Jung.