Schwarzenbek
(cus).
Geboren wurde Umeswaran Arunagirinathan vor 37 Jahren im Norden Sri Lankas. Im Bürgerkrieg schickten seine Eltern den Zwölfjährigen mit Hilfe von Schleppern nach Deutschland, wo er bei seinem Onkel aufwuchs, Abitur machte und Medizin studierte. Heute arbeitet "Doktor Umes", so sein Spitzname, als Assistenzarzt am Herzzentrum des Universitätskrankenhauses Eppendorf - und schreibt an seinem zweiten Buch. Sein erstes Buch "Allein auf der Flucht", 2005 im Konkret Verlag erschienen, hat er verfasst, um sich die Traumata der Flucht von der Seele zu schreiben. Seit acht Jahren geht der promovierte Arzt mit dem Buch auf Lesereise. Am Donnerstagabend las er auf Einladung des Landfrauenvereins vor mehr als 60 Besuchern aus seiner Autobiografie. Unser Redakteur Marcus Jürgensen sprach mit dem Mediziner, der seit 2008 deutscher Staatsbürger ist, über Ausländerhass und Willkommenskultur.

Herr Arunagirinathan, was haben sie gedacht, als in Escheburg und Tröglitz die Flüchtlingsheime brannten?

Ich habe schon immer befürchtet, dass so etwas passiert. Das sind die Menschen, die mit sich selber unzufrieden sind und sich beklagen. In den Flüchtlingen haben sie jetzt einen sichtbaren Grund gefunden.

Waren Sie selbst einmal Opfer von Ausländerfeindlichkeit?

Ich mag den Begriff nicht, denn ich möchte kein Opfer sein. Außerdem gibt es in meinem Umfeld viele Akademiker, die zufrieden sind, sich ihre Wünsche erfüllen können, weil sie gut verdienen. Ich hatte aber auch schon einen Patienten, der sich von mir nicht behandeln lassen wollte, weil ich eine dunklere Hautfarbe habe. Er war schon über 80 Jahre alt und voller Vorurteile, weil er nie die Gelegenheit hatte, Menschen wie mich kennenzulernen. Ich weiß nicht, ob ich wirklich sauer war - aber ich war gekränkt. Doch ich bin Arzt, und die politische Einstellung eines Menschen darf meine Behandlung nicht beeinflussen. Deshalb habe ich beschlossen, ihn so zu behandeln, als ob er mein eigener Großvater wäre. Am Ende hat er mir auf die Schulter geklopft und gesagt: 'Du bist ein guter Mann'. Vielleicht war ich zu freundlich, doch hätte ich mich ihm gegenüber anders verhalten, hätte ich sein Vorurteil nur bestätigt. Und das ist kein Weg, um unsere Gesellschaft gemeinsam zu gestalten.

Was hilft Zuwanderern wirklich? Und was halten Sie von unserer Willkommenskultur?

Das Wichtigste ist, ein Lächeln zu geben. Mich haben Menschen eingeladen, mit ihnen zu grillen, Erdbeeren zu pflücken oder eine Radtour zu unternehmen. Das sind schöne Erinnerungen, die mich geprägt haben. Es gibt natürlich die Sprachbarriere, aber wir können dafür sorgen, dass Menschen unsere Sprache lernen, bevor sie unsere Kultur kennenlernen. Ich glaube auch nicht, dass es hier mehr Fremdenhass gibt als in anderen Ländern. Das Wort Toleranz habe ich nicht in Sri Lanka gelernt oder in Afrika, wo ich acht Monate auf meinen Flug gewartet habe, sondern in Deutschland.

In Hamburg hat in dieser Woche ein 17-jähriger Afghane einen gleichaltrigen Landsmann erstochen. Wie groß ist die Gefahr, als jugendlicher Flüchtling auf die schiefe Bahn zu geraten?

Die Gefahr ist sehr groß. Ich habe Glück gehabt, dass mein Onkel mich damals aufgenommen hat und sich Menschen wie mein damaliger Lehrer an der Gesamtschule Mümmelmannsberg um mich gekümmert haben. Jugendliche Flüchtlinge sprechen unsere Sprache nicht, sie dürfen nicht arbeiten, müssen aber noch ihre Schlepper bezahlen.

Wir wissen außerdem nicht, was diese Jugendlichen alles auf ihrer Flucht erlebt haben. Ich weiß noch genau, wie ich jeden Tag geweint habe, als ich in Togo auf meinen Flug nach Deutschland gewartet habe. Ich konnte diese Erlebnisse verarbeiten, weil ich mein Buch geschrieben habe.