Amtsgericht: Freispruch für 27-Jährigen: Hauptzeuge verwirrt mit erweiterter Aussage den Richter

Stefan K. hätte fast den falschen Ausgang aus dem Gerichtssaal genommen. "Sie wollen doch nicht hier raus. Hier gehen normalerweise die zur Haft Verurteilten durch", belehrte Rechtsanwalt Dieter Bastian seinen Mandaten. K. war soeben vom Vorwurf der räuberischen Erpressung freigesprochen worden.

Der Angeklagte soll in der Nacht zum 29. Juni dieses Jahres einen anderen Mann bedroht und zunächst die Herausgabe von fünf, später von 20 Euro gefordert haben. Da aber der einzige Zeuge in diesem Fall, André T., viele Unklarheiten in seiner Aussage vor dem Amtsgericht offenbarte, kam der Vorsitzende Richter Suntke Aden zu dieser Erkenntnis: "Wenn wir nur ein Beweismittel vorliegen haben, dann muss dies ein strahlender Diamant sein. Dieser Diamant war aber stumpf."

Was war in jener Sommernacht geschehen? Der angetrunkene K. fuhr auf dem Fahrrad nach einem Fußball-WM-Abend bei einem Kumpel heim durch die Geesthachter Innenstadt - bis er vor der Sparkassen-Filiale an der Bergedorfer Straße plötzlich einen Platten hatte. Dort traf er mitten in der Nacht T., von dem er sich etwas Geld für Zigaretten leihen wollte.

Über den weiteren Fortgang der Nacht existierten unterschiedliche Versionen. Während der Angeklagte eher von einem freundschaftlichen Treffen berichtete, in dessen Verlauf er sich mehr Geld borgen wollte ("Ich wollte es ihm zurückgeben, habe ihm auch meine Handynummer gegeben"), schilderte T. die Situation bei der Polizei, wo er noch in derselben Nacht Anzeige erstattete, anders: K. habe ihn sofort um Geld gebeten. Später sei dieser ungefragt mit in T.'s Auto gestiegen, habe seinen Arm um ihn gelegt und ihm mit Schlägen gedroht, wenn er ihm nicht 20 Euro geben würde. Letztlich soll K. sein Opfer auch noch beleidigt haben: "Du Bastard".

Allerdings wich die Aussage von André T. vor Gericht zu den von ihm im Revier gemachten Angaben in einigen Punkten ab. Vor Richter Aden erzählte der 23-jährige Zeuge von einer zwischenzeitlichen Autofahrt zur Tankstelle, um Geld zu wechseln. Außerdem hatte T. in jener Nacht eine nächtliche Fahrt nach Altona zu einer Freundin erfunden, um K. loszuwerden. "Das habe ich gesagt, um wegzukommen. Man hört ja so Sachen über ihn, dass er oft betrunken und ein Schläger ist", so T.

Diese Details tauchten nicht im Polizeibericht auf. Dies hielt ihm auch Richter Aden vor. "Ich war eingeschüchtert in jener Nacht", versuchte der Zeuge die Abweichungen zu begründen.

Eine verständliche Reaktion des Zeugen für die Staatsanwältin, die für den 27-jährigen K. - er besitzt 14 Einträge im Zentralregister und hat außerdem zwei laufende Bewährungsstrafen wegen Diebstahls - zehn Monate Haftstrafe ohne Bewährung forderte. Ganz im Gegensatz zu Verteidiger Bastian, der die Glaubwürdigkeit des Belastungszeugen anzweifelte: "Ich kann nicht ausschließen, dass der Zeuge das Geschehen dramatisiert hat. Er hat sich durch viele Vorurteile gegenüber meinem Mandanten leiten lassen." Letztlich folgte das Gericht seiner Forderung nach Freispruch.