Lesung: Wolf-Rüdiger Osburg hat Kriegsteilnehmer befragt, Kathleen Battke rät, Erinnerungen aufzuschreiben

Prominente schreiben zuhauf ihre Memoiren, in vielen privaten Schubladen liegen Biografien. Woher kommt der Boom, sich mit dem eigenen Leben auseinanderzusetzen? Kathleen Battke, Sprachwissenschaftlerin und Kommunikationsexpertin aus Bonn, gab am Freitagabend eine Antwort darauf. Die Wahlfreiheit, die wir genießen, hat bei vielen Menschen Orientierungslosigkeit zur Folge.

"Deshalb besinnen sich viele Menschen auf ihre eigene Lebensgeschichte, um so wieder festen Boden unter den Füßen zu bekommen", sagte sie während einer Lesung im Veranstaltungszentrum Alte Schule in Müssen. In ihrem Buch "Trümmer-Kindheit" hat sich die 55-Jährige damit beschäftigt, wie die Kriegsgeneration auch das Leben ihrer Kinder beeinflusste. Ihr Mittel: Das Aufschreiben der eigenen Lebensgeschichte, auch wenn dieser Prozess kein gemütlicher Spaziergang, sondern manchmal eine Achterbahnfahrt ist. Es gehe nicht wie bei Prominenten um eine positive Selbstdarstellung, sondern um Wahrhaftigkeit und Ehrlichkeit.

So könne mit der Vergangenheit Frieden geschlossen werden. Lebensweisheiten und Erfahrungen über eigene Stärken können herausgearbeitet und in der Gegenwart genutzt werden.

In ihrem Buch beschreibt Battke, wie Kriegskinder und -enkel durch das Schreiben ihrer Biografien die Seele entlasten, Probleme lösen und die Gegenwart besser gestalten konnten. An dem dreistündigen Workshop, der sich am Sonnabend an die Lesung anschloss, nahmen elf Gäste teil. Es gehe nicht darum, einen tollen Anfang zu finden, alles aufzuschreiben oder ein Buch herauszugeben. "Fangen Sie einfach an. Es gibt keine Verbote, keine Einschränkungen, kein Falsch", sagte sie.

Zeitgleich mit Battke beschäftigte sich auch Wolf-Rüdiger Osburg in Schwarzenbek mit dem Thema "Lebenserinnerungen". Ende der 1980er-Jahre hatte der promovierte Jurist und Historiker 135 Teilnehmer des Ersten Weltkriegs interviewt und ihre Erinnerungen in dem Buch "Hineingeworfen" veröffentlicht - die erste Sammlung dieser Art in Deutschland. Leider waren zur Lesung im Amtsrichterhaus, bei der Osburg auch den Werdegang des Buches schilderte, nur 14 Zuhörer erschienen.

Die nächste Lesung zum Ersten Weltkrieg folgt bereits am morgigen Abend. Um 19 Uhr stellt der plattdeutsche Schriftsteller und Liedermacher Volkert Ipsen im Ratzeburger Rathaus, Unter den Linden 1, in "Plattdüütsche Jungs in'n Krieg" Texte von Gorch Fock oder Max Stehen vor. Der Eintritt ist frei.