Familienpaten schließen Lücken

Es ist ein Projekt der Familienbildungsstätte (FBS), das augenscheinlich die Bedürfnisse der Zeit trifft: Unterstützung und Begleitung für Familien mit Kindern (eins bis drei Jahre alt). "Wir haben gemerkt, dass uns die Paten aus den Händen gerissen werden", sagt die Koordinatorin des kreisweiten Projekts im Südkreis, Annett Schneider. Dieses Angebot der FBS gibt es seit Januar 2013. Und die nur wenigen Stunden, die Familien und Paten in der Woche miteinander verbringen, bedeuten beiden Seiten sehr viel.

Familienpaten arbeiten zwar ehrenamtlich, doch das Konzept sieht vor, dass sie zu Beginn eine Fortbildung beim Kooperationspartner Deutscher Kinderschutzbund machen. Lehrinhalte: der richtige Umgang mit kleinen Kindern bis hin zur Ersten Hilfe.

"15 Plätze stehen uns pro Jahr für die Qualifizierungsmaßnahmen zur Verfügung", berichtet Koordinatorin Schneider über das bis mindestens Ende 2015 laufende Projekt. Wer also diese Vorqualifikation hinter sich gebracht hat, darf rein in den beschwerlichen Familienalltag.

So wie Andrea Müller und Helga Nickel. Beide Frauen sind selbst Mütter von Kindern, die mittlerweile im Erwachsenenalter sind. Sie haben Zeit, Lust und Interesse, anderen Eltern mit ihren Zöglingen zu helfen. Müller und Nickel betreuen bereits die zweite Familie. Ihr Aufgabenspektrum reicht von Vorlesen, Rumtoben, Puzzeln bis hin zum Hinweis, dass die Kleinen bitte ihren Teller leer essen sollen.

Andrea Müller erlebte so etwas wie einen Schlüsselmoment: "Das war, als ein Kind der einen Familie auf meinem Bauch eingeschlafen ist." Das gab der 50-Jährigen das Gefühl der "Vertrautheit, als ob ich eine Tante wäre". Familienpaten übernehmen quasi die Rolle eines Familienmitglieds. "Früher gab es Oma, Opa, Tante, Onkel oder die Nachbarn, die geholfen haben. Das hat sich grundlegend geändert, auch weil von den Familien mehr Flexibilität zum Beispiel beim Wohnort verlangt wird", sagt Annett Schneider. Familienpaten können als erweiterte Nachbarschaftshilfen aufgefasst werden.

Auch Helga Nickel ist so eine Hilfe und nun bereits in der zweiten Familie. Bisher war es in beiden Fällen eine alleinerziehende Mutter mit einem einjährigen Kind. "Man guckt nicht auf die Uhr", berichtet die 55-Jährige über den Spaß an ihrer Tätigkeit. Die Hilfe klingt mit einer bis drei Stunden pro Woche nicht sonderlich üppig. Doch Annett Schneider weiß: "Für die Familien ist das der Anker im Alltagschaos." Aus diesem Anker kann sehr schnell eine festere Bindung werden. Wie bei Helga Nickel. Eine Mutter möchte weiter Kontakt. "Wenn darüber hinaus etwas bestehen bleibt, dann haben wir wohl alles richtig gemacht", sagt Helga Nickel.

Familienpaten erhalten kein Einkommen, dafür wird aber das Kilometergeld erstattet, es gibt monatliche Supervisionen und weitere Fortbildungen. Größter Lohn dürften allerdings für Paten die glücklichen Augen sein: "Das Strahlen der Kinder ist die Bezahlung", so Andrea Müller.