Wotersen (gb). Als einer der renommiertesten Bach-Interpreten gefeiert, kam Martin Stadtfeld nach Wotersen und erhob sein Gastspiel beim Schleswig-Holstein Musik Festival (SHMF) zum Fest der leisen Töne.

Das klar gegliederte Programm "Mendelssohn und seine Vorbilder" - gemeint sind Johann Sebastian Bach und Ludwig van Beethoven - sprach an, begeisterte zunehmend aber erst im Verlauf des Abends.

Warum auch immer, begann Stadtfeld mit dem Italienischen Konzert von Bach (BWV 971): Entzückend gefühlvoll-melancholisch das Andante, doch die schnellen Ecksätze erstickten im permanenten Legato, gepaart jedoch mit tadelloser Technik. In ähnlicher Manier das erste von Felix Mendelssohns (1809-1847) "Liedern ohne Worte": das "Venezianische Gondellied", dem das diesjährige Festival gewidmet ist.

Dass er auch anders kann, bewies Stadtfeld mit der Klaviertranskription von Siciliano aus der Bach-Flötensonate (BWV 1031): erhaben, zeitlos schön, vollkommen. Ebenso der Bach-Choral "Jesus bleibet meine Freude" aus der Kantate 147 - eine Mischung aus Perfektion und Zurückhaltung, die restlos begeisterte und, obwohl nicht an dieser Stelle vorgesehen, mit starkem Beifall der rund 800 Zuhörer in der Reithalle bedacht wurde.

Wie ein Intermezzo baute der Pianist zwischen weitere fünf Lieder ohne Worte von Mendelssohn das Präludium A-Dur (BWV 888) aus Bachs "Wohltemperiertem Klavier" ein. Durch die stilistische und tonale Korrespondenz betonte Stadtfeld den Einfluss Bachs auf den Romantiker Mendelssohn, dessen prickelndes Rondo cappricioso Op. 14 den ersten Teil des Abends abschloss.

Eine ganz andere Klangwelt folgte nach der Pause: Mit mehr Elan und nötigem starken Anschlag ging Martin Stadtfeld ans Werk, interpretierte stilvoll die Sonate c-Moll Op. 111 von Beethoven. Die letzte Sonate des Wiener Klassikers, aus nur zwei Sätzen bestehend, beeindruckte das Festival-Publikum ebenso wie der Interpret. Der rund 20 Minuten lange zweite Satz, ein Thema und fünf Variationen, wird als Beethovens Abschiedswerk gedeutet. Martin Stadtfeld legte eine tadellose Interpretation voller Gefühlstiefe hin. Für den lang anhaltenden Beifall dankte er mit seiner Lieblingsart des Klavierspiels - zart und fein. Den Abend ließ er mit der Klaviertranskription des berühmten "Air" aus der 3. Orchestersuite D-Dur von Bach ausklingen.